auf dem Weg nach Samarkand....

Samarkand...!!

Liebe Alle

 

Heute, 15.07.2015 bin ich in Samarkand angekommen - der Stadt aus 1001 Nacht - unglaublich...!! Ich habe sie auf dem Landweg erreicht - JUPIDU!  Aber nun alles der Reihe nach.

 

14.07.2015

Heute habe ich Passpartu nach dem Frühstück gesattelt und mich auf den Weg nach Samarkand gemacht. Die Tochter der Guesthousebesitzers (etwas jünger als ich) verabschiedete mich mit Bambiblick und meinte, ob ich nicht noch bleiben könne, ich sei ein so netter Gast - ha, endlich werde ich mal wieder "angeflirtet" - tut gut... :-)

Pünktlich zu meinem Start hat auch der Gegenwind wieder eingesetzt, nachdem der gestrige Tage absolut wind frei war... Ich kämpfte mich gegen den Wind - komme soweit gut voran. Die Landschaft war wenig spektakulär - Hauptstrasse halt. Nach ca. 60 Kilometern gesellt sich ein Uzbeke auf seinem Fahrrad zu mir. Er wollte mit mir fahren und plaudern - ohne sich mit mir sprachlich unterhalten zu können. Er fuhr sehr dicht rechts neben mir und hinderte mich daran, den Schlaglöchern gegen rechts ausweichen zu können - was ich häufig tun musste, da die Strasse schlecht war... Ich musste anhalten und ihm erklären, dass er hinter oder vor mir fahren soll. Das hat er auch sofort begriffen - ja, fortan fuhr er dicht links neben mir. Ich habe wiederum angehalten und ihn wiederum aufgefordert vor oder hinter mir zu fahren, damit ich genügend Platz hätte, um den Schlaglöchern auszuweichen. Das tat er nicht - wenn ich angehalten habe, hat er wiederum angehalten - sehr aufsässig. Ich versuchte, ihn zu ignorieren um ihm verständlich zu machen, dass er verduften oder auf jeden Fall mehr Abstand halten und mich nicht daran hindern soll, Schlaglöchern ausweichen zu können. Alles hat nichts geholfen - es kam die Situation, wo ich gegen links ausweichen musste, weil rechts nur noch der Strassengraben und vor mir ein grosses Schlagloch war. Logisch habe ich ihn touchiert und - kam zu Fall. Er konnte sich auf seinem Rad - halt ohne Gepäck viel wendiger als ich - auffangen und kam nicht zu Fall. Ich hingegen lag unter Passpartu, mein linkes Knie zwischen Lenkstange und Rahmen eingeklemmt, der Schalthebel bohrte sich in mein Knie - schmerzhaft. Man wurde ich wütend!! Der Uzbeke half mir im wahrsten Sinne des Wortes aus der Klemme, schwang sich auf sein Rad und verschwand - jetzt wo ich allenfalls Hilfe nötig gehabt hätte. Er realisierte aber wohl, dass es besser war, zu verschwinden - ich war so wütend. Auf ihn - aber auch auf mich, dass ich mich nicht besser gegen ihn durchgesetzt habe... Wie auch immer: Meinem Knie geht es soweit gut - es schmerzt nicht, wenn ich radle - aber wenn ich spaziere... Ich habe dann mein Zelt im Garten einer Bauernfamilie aufstellen können, wo das halbe Dorf zusammengelaufen ist, um mir beim Aufbau des Zeltes zuzuschauen. Und dann meinten sie auch noch, ich soll mir vor dem Zelt waschen - hm, das war mir dann doch zu öffentlich und ich habe mich unter mein Vorzelt verzogen - sie haben gewartet, bis ich wieder zum Vorschein kam. Das war wirklich komisch. Aber es war ein guter Zeltplatz - ich durfte auch die Toilette im Kuhstall brauchen - ja die Menschen hier leben diesbezüglich wirklich sehr bescheiden!! Ich bekam eine Melone zum Nachtessen geschenkt - welches ich dann mit einer Dose Fleischpastete, die ich seit Slowenien mit mir führe ergänzt habe - ich habe gut geschlafen.

 

15.07.2015

Früh um 06.00 Uhr bin ich wieder gestartet - das heisst um 05.00 Uhr aufstehen und meinen ganzen Haushalt wieder einpacken. Dann bin ich losgefahren - und landete gute 50 Kilometer später in NAVOY, wo ich in einen veritablen Sandsturm geraten bin. An ein Weiterfahren war nicht zu denken. Ich habe bei einer alten Frau in ihrem Lebensmittelgeschäft Pause gemacht und viel getrunken. Sie hat mir angeboten, in ihrem "Hinterzimmer" (nicht falsch verstehen - alles sehr seriös!!) zu schlafen. Aber das war keine Lösung für mich, zumal sie mir auch erklärte, das Wetter werde bleiben - also weiterhin stürmisch. Ich fragte sie, ob es einen Bus nach Samarkand gibt - und sie sagte, dass ich in drei Kilometern auf die Busstation stossen würde, von wo der Bus nach Samarkand fahre und dieser koste 20000 Sum - also knappe fünf Franken. So war mein Plan schnell gemacht. Auf dem Weg zur Busstation überholte mich ein Motorradfahrer aus Argentinien, welcher in Bukhara im gleichen Hotel wie ich gewohnt hatte.

Der Busbahnhof war nicht zu übersehen, ein Platz im Bus nach Samarkand schnell gekauft und mit etwas feilschen war auch ein Platz für Passpartu und mein Gepäck gefunden - für weitere 5000 Sum - also etwas mehr als ein Franken. 

Die Fahrt war eine wirklich kluge Wahl! Osch würde sagen: Alles richtig gemacht! Der Wind war heftig - das merkte man selbst im Bus - und der Sand in der Luft wurde nicht weniger - phasenweise war es richtig "nächtlich" auf der Strasse. Auf dem Velo habe ich den Sand heftig zu spüren bekommen im Gegenwind - wie tausende von Nadelstichen...

In Samarkand angekommen musste ich mit Schrecken feststellen, dass die Busleute das Gepäck umgeladen haben - Passpartu war nun UNTER meinen Taschen - alles Gepäck auf den Velorädern deponiert. Ich bin fast ausgeflippt und habe den Busfahrer und seine Gehilfen regelrecht zusammengeschissen, sie angebrüllt und ihnen den Mittelfinger gezeigt. Sie konnten nicht verstehen, warum ich so ein Theater mache - das sei doch alles kein Problem. DOCH ist es verdammt nochmal!! Ich spürte mich kaum mehr vor Wut - wie kann man nur so dumm sein und das Gepäck auf die Veloräder packen - wenn es nicht Dummheit war, dann wohl Absicht, was ich aber nicht glaube... Passpartu hat aber keinen Schaden genommen. Tja, hier in Uzbekistan werden halt auch Fahrräder anders behandelt als in der Schweiz...

Ich bin im Guesthouse abgestiegen, welches hier die Nummer 1 sein soll - gut, soweit günstig, wenn auch etwas abgewohnt. Aber ich wohne mit Aircondition im Einzelzimmer und kann mir das vom Budget hier gut leisten, nachdem ich den Preis runtergehandelt habe - auch wenn nur um 2 Dollar pro Nacht...

Der Motorradfahrer aus Argentinien staunt nicht schlecht, dass ich schon hier bin. Beichte, dass ich den Bus genommen habe. Er meint, es sei auch für ihn eine Qual gewesen, die Strecke zu fahren, bei dem Wind und Sand. Wenig später trifft ein weiterer Motorradfahrer ein - völlig erschöpft und meint, es sei die schwierigste Strecke auf seiner ganzen Reise gewesen. Und er ist in England gestartet, wo das Wetter ja auch nicht nur toll sein soll...

Gemeinsam mit andern Gästen ziehe ich dann am späten Nachmittag los, Samarkand zu erkunden. Ein Italiener, ein Argentinier, ein Engländer, ein Genfer und ich - international - spannend - lustig. Im Basar finde ich eine Apotheke, wo ich für mein Knie sogar Voltaren kaufen kann - aber hallo - PRIMA!! Ja Christine, nicht nur Christine quält dich, hinterlässt Spuren - auch Velo fahren ruft nach Voltaren... ;-))

Am Abend trifft dann Dietrich ein im Guesthouse. Er ist 78 Jahre alt und reist alleine durch die weite Welt - wie er das als Student schon gemacht hat. In den 1950er Jahren ist er mit dem VW Käfer seiner Mutter durch die Welt gezogen. Er hat eben den Pamir-Highway im shared  Taxi gemacht - alles auf eigene Faust. So möchte ich auch alt werden können. Der ist hellwach, spannender Typ, weiss vieeeel zu berichten - was werde ich wohl mit 78 erzählen können? In 29 Jahren könnt ihr es hier lesen!!

Wie auch immer: Mir geht es gut und ich bin wirklich glücklich (und auch ein wenig stolz auf mich) Samarkand auf dem Landweg erreicht zu haben!! Ja, ich habe Samarkand auf dem Landweg erreicht, mich durch den Visa-Dschungel gearbeitet, Grenzen im wörtlichen und im übertragenen Sinne überwunden und überschritten - und bin daran gewachsen. Und ich denke oft, dass eine solche Reise vielen Leuten daheim auch gut tun würde - weil sich eben Grenzen verschieben, man aus seiner Komfortzone katapultiert wird und das dann plötzlich gar nicht mehr so schlimm ist, weil man so viele positive Eindrücke bekommt und sich Grenzen eben verschieben...

 

16.07.2015

Heute Morgen kämpfte sich relativ verschlafen eine ältere Dame an den Frühstückstisch im Guesthouse. Ich begrüsste sie auf Englisch und meinte, sie solle erwachen, es würden zwei nette Herren am Tisch sitzen - sie schaute mich müde an und meinte, ich hätte wohl keinen Spiegel daheim. BRAVO - solche schlagfertigen Antworten mag ich doch. Die Dame stellt sich als Christina aus Italien vor - sie reist seit 17 Jahren ohne Unterbruch - ist Klimaflüchtling - also sucht sich immer sonnige Plätze auf dieser Welt. Aktuell ist sie mit dem Motorrad unterwegs auf der Seidenstrasse - also das Motorrad musste sie einstellen, da sie als Fussgängerin gestürzt ist und sich die Hand verletzt hat. So geht sie halt als Backpackerin ihren Weg und holt das Motorrad dann später wieder ab. Cool, diese ältere Dame - auch so könnte ich alt werden. An Vorbildern mangelt es mir nicht - höchstens am Budget...

Nun gehe ich mit andern CH-Velofahrern Pasta essen in ihrem Guesthouse ganz in der Nähe - so werde ich meine Hörnli los, die ich seit der Schweiz mit mir führe... Die müssen wir dann mit Genuss esse, die transportiere ich seit tausenden von Kilometern..!

Herzlich in die Welt hinaus

Patrik Kirtap

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Mariann (Freitag, 17 Juli 2015 23:47)


    lieber patrik danke für deinen wieder so lebhaften bericht. einmal mehr hast du mich "mitgenommen" auf deine reise damit ich hautnah erleben kann was, wie, wo du unterwegs bist. stammi bene mariann




 

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