Bananen aus der Schweiz...

So, da bin ich schon wieder mit WiFi und kann Euch wieder beblogen...

Gestern bin ich ja in Zagreb eingerollt - die Stadt konnte mich so gar nicht für sich gewinnen. Da habe ich mir überlegt, weiterzureisen und beim Bahnhof gefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, mit Velo und Zug. Hm - die gäbe es nur, wenn ich ein Singleschlafwagenabteil mieten würde, dann könnte ich das Velo mit in das Abteil nehmen, erklärte die Dame am Infoschalter in gutem Englisch. Auf meine Frage, was das denn koste erklärte sie, das werde gar nicht mehr angeboten. Mit anderen Worten: Mit der Bahn keine Möglichkeit!

OK, dann fahre ich halt mit dem Velo nach Belgrad - vier Tage und ich bin dort.

Auf meinem Rundgang durch die Stadt komme ich an einem Reisebüro vorbei, das Werbung für Busreisen macht. Ja warum denn nicht mit dem Bus nach Belgrad? Ich frage nach, ob das möglich sei. Die Dame meint ja, aber da müsse ich zum Busbahnhof. Zwei Tramstationen weiter. OK!

Am Busbahnhof werde ich mal von einem Schalter zum nächsten verwiesen. Der Bus nach Belgrad ist überhaupt kein Problem, da fahren ganz viele... Aber das Velo. Mir scheint, ich sei der erste Passagier, der ein Velo transportieren möchte. 

Schlussendlich lande ich in einer abgelegenen Ecke des weitläufigen Parkplatzes des Busbahnhofs im Containerbüro von Csaznatrans oder wie die sich schreiben. Der nette Herr im Büro erklärt in einem Gemisch aus Englisch und Deutsch, es sei eigentlich kein Problem, ein Velo im Bus zu transportieren. Der Chauffeur entscheide aber, ob er es mitnehme oder nicht. Ich solle am Samstag fahren (hatte ich so vorgesehen), da hätte es weniger Leute und ich somit die grössere Chance, dass mein Velo transportiert würde...

Es kommen weitere Personen ins Büro - einer davon offenbar ein Chauffeur, der Zagreb-Belgrad fährt. Der erklärt, ich soll unbedingt heute Freitag fahren, da habe es weniger Leute als am Wochenende. Hm - was nun? Der Bürolist erklärt dann ganz logisch:

Versuche es am Freitag - wenn es nicht klappt, hast am Samstag die zweite Möglichkeit. So pragmatische Bürolisten gefallen mir doch...

Wir vereinbaren, dass ich heute Morgen um 07.30 Uhr auf Perron 405 des Busbahnhofes warte und schaue, ob man mich und mein Velo mitnehmen will...

Zurück in die Stadt - beim 2-Wochen-Jubiläumsapero in einer hippen Bar - studiere ich für alle Fälle die Route auf der Karte, die ich später dann noch mit der Route anderer Radreisender und einem Internetplanungstool in der Lobby der Jugi abgleiche und definitiv in meine Karten übertrage. So bin ich perfekt gerüstet!

Ich entscheide mich, heute Morgen in Velomontur zum Busbahnhof zu fahren. Wenn der Bus mich mitnimmt OK - sonst radle ich gleich von dort aus los. So packe ich und gehe am Abend auch zeitig schlafen. Den engen 6er-Schlag in der sauberen Jugi in Zagreb habe ich für mich alleine >:-))

Da stehe ich heute Morgen also bereits nach 07.00 Uhr auf Perron 405 des Busbahnhofs in Zagreb und warte, bis der Bus kommt, der um 08.10 Uhr nach Belgrad abfahren soll.

Es gesellen sich immer mehr Leute zu mir. Ein Ehepaar setzt sich zu mir auf's Bänkli und er fragt mich in breitem und dennoch gebrochenen Bündnerdeutsch, wohin ich den wolle - er hat mich an meinen Veloplustaschen als Schweizer erkannt... Ich erkläre ihm mein Projekt, für welches er nur bedingt Verständnis hat, seine Ehefrau grad gar keines... Erkläre ihm auch, ich sei nervös, weil ich nicht wüsste, ob mein Velo mitgenommen würde. Er stellt sich als George vor. Ursprünglich aus dem Kosovo, seit 30 Jahren in der Schweiz in verschiedenen Berufen unterwegs - ausschliesslich schwere körperliche Arbeit, sein Körper ist entsprechend gezeichnet. Nun auf dem Weg nach Belgrad, Verwandte seiner Frau besuchen. Sie sind letzte Nacht mit dem Bus von Luzern nach Zagreb gereist. George meint, er würde dann schon mit dem Chauffeur sprechen, das könne doch kein Problem sein mit dem Velo...

Der Bus kommt, der Chauffeur steigt aus und sagt etwas zu mir, was ich nicht verstehe. George übersetzt und meint, der Chauffeur sei schon informiert, dass ich mit Velo nach Belgrad wolle. Gut so, denke ich. Der Chauffeur findet das aber nicht wirklich gut. Er redet auf mich ein - ich zucke mit den Schultern. Er zeigt mir den Tarif, wonach das Velo 28 Euro koste nach Belgrad. Ich stimme zu - nicke und sage überzeugt OK!

Dann übersetzt und erklärt George:

Der Chauffeur hat Bedenken, dass mein Velo im Gepäckraum zu viel Platz einnimmt und er dann unterwegs keine weiteren Passagiere mehr aufnehmen kann, weil es für deren Gepäck keinen Platz mehr gibt. Dann gingen ihm Fahrpreise verloren. Ich erkläre George, dass der Chauffeur 28 Euro für den Transport des Velos wolle, das sei doch auch eine Einnahme...

George verhandelt mit dem Chauffeur. Ruhig aber doch bestimmt. Ich verstehe kein Wort. Schlussendlich wird Passpartu vom Chauffeur eigenhändig in den Gepäckraum des Buses gelegt und ich schliesse daraus, dass alles klappt. Die Packtaschen polstern Passpartu so, dass er sich während der Fahrt nicht verschieben kann. Geht doch.

Busfahrt inkl. Transport von Passpartu kosten schlussendlich 50 Euro, die ich nicht habe, da in Kroatien ja Kuna die offizielle Währung ist. George meint, er schiesse mir die vor - ich finde noch 40 Euro in meiner Geldbörse und lege einen 10 Frankenschein dazu. Der Chauffeur begutachtet den 10 Frankenschein skeptisch - George erklärt, das sei CH-Geld und schwups wird es vom Chauffeur akzeptiert. 

Spannend am Tarif: Die Hinfahrt für mich alleine hätte gemäss Auskunft am Schalter gestern Abend umgerechnet 36 Franken gekostet. Für mein Velo habe ich also niemals die tariflichen 28 Euro bezahlt. George meinte: Nur nichts sagen und schlägt zu einem HighFive ein.

Ich "muss" mich zu George und seiner Frau setzen im Bus. Sie steckt mir sofort nach der Abfahrt Bananen zu und meint: "Aus der Schweiz!".

Auf der Fahrt nach Belgrad erzählt mir George noch aus seinem Leben, von seinen zwei erwachsenen Kindern und den beiden kleineren und wie schwer es sei, in der Schweiz einen Job zu finden. In seinem Alter mit seinen gesundheitlichen Problemen wolle ihn auf dem Bau niemand mehr... Ja, da haben wir schon auch ein spezielles System aufgebaut in der Vergangenheit in der Schweiz. Sozialhilfe will George nicht. Das sei für Männer ohne Arme und Beine. Er wolle arbeiten!! Das kaufe ich ihm sofort ab - da schwingt der Stolz eines Familienvaters mit!

Die Fahrt nach Belgrad dauert knappe sechs Stunden. Immer mal wieder verlässt der Bus die Autobahn, um zu einem lokalen Busbahnhof zu fahren. Ich hoffe jedes Mal, es wolle niemand mit viel Gepäck zusteigen. Es steigt bei all den angepeilten Busbahnhöfen genau eine Frau zu... Ich schlafe immer mal wieder ein. Habe aber genug Gelegenheit, die Landschaft anzuschauen: Mir scheint, zwischen Zagreb und Belgrad liege eine einzige grosse, weite Ebene in der Landwirtschaft betrieben wird. Hin und wieder etwas Industrie. Die Felder sehr gross. Manchmal sind auf einem Acker gleich mehrere Traktoren unterwegs.

Der Grenzübertritt erfolgt recht bürokratisch und autoritär. Der kroatische Zöllner prüft die Pässe im Bus, nimmt einige Pässe mit und kommt dann zurück. Der serbische Zöllner sammelt alle Pässe ein - es dauert (...) und dann verteilt der Chauffeur die Pässe wieder an die Passagiere. Während der beiden Passkontrollen wird es im Bus ganz ruhig.

Die Einfahrt nach Belgrad treibt mir die Schweissperlen auf die Stirn: Wie komme ich da jemals wieder raus?? Ich bleibe eh bis Sonntag. Ich gehe davon aus, dass am Sonntag weniger Verkehr ist und ich so den Weg aus Belgrad gut finde - immer in Richtung Sofia - Istanbul...

Seid herzlich gegrüsst - vom Vetoweltreisenden, der nebst Bahn nun auch Bus fährt. Aber ich bin innerhalb von sechs Stunden Busfahrt vier Tage näher an Istanbul gerückt. Und das ist gut so, beruhigt mich.

Übrigens 1: Belgrad ist nicht wirklich hübscher als Zagreb...

Übrigens 2: Ich wohne mal wieder in einem Hostel. Mit Couchsurfing und Warmshowers hatte ich noch keinen Erfolg...

Übrigens 3: In Serbien verstehe ich nicht nur das gesprochene Wort nicht - hier wird auch kyrillisch geschrieben, was die Sache nicht einfacher macht...

Patrik Kirtap

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Kommentare: 2
  • #1

    Papi (Freitag, 17 April 2015 21:51)

    Hallo Sohnemann, gehe ins Restaurant, studiere die Speisekarte und bestelle die Zeile, die Dir am besten gefällt! Menu Surprise garantiert! Bin nie schlecht gefahren! Für den Rest gibt es Hände und Füsse! Dies gilt für alle nächsten Stationen, bis dahin wo man allenfalls noch Französich oder English spricht und schreibt. Also weiterhin gute Fahrt mit Passepartout! Lieben Gruss Pa

  • #2

    Pierre bÜHLER (Samstag, 18 April 2015 21:40)

    Wenn du keine Lust hast die Speisekarte zu studieren musst du nur den Tischen entlang laufen und die Speise bestellen die dich anlacht. Zur Bestellung genügt ein Fingerzeig mach ich so bei den Mandarin sprechenden, klappt hervorragend. Grüsse
    Pierre Bue

 

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