Kirtap im Spital...

Video 20 Kilometer vor Istanbul - da war meine kleine Verkehrswelt trotz allem noch in Ordnung...

So, heute Morgen um 09.00 Uhr bin ich also gestartet von meinem Servis Alani aus, um die letzten 50 Kilometer Autobahn abzuspulen. Das ging flott von der Rolle. Eher mehr Verkehr als gestern - aber es rollte sich auf dem Pannenstreifen gut. Je näher ich Istanbul kam, je mehr wurde der Verkehr (werde dann heute Nacht noch ein Videöli hochladen...).

Zunehmend auch Lastwagen, deren Ladung Überbreite hatte und mit Planen zugedeckt/festgezurrt wurde - abenteuerlich...

Ich überlegte, die Autobahn zu verlasen - entschied mich aber, diesen Weg nun fertig zu fahren, auch wenn es laut und staubig war... Die Information von Fernfahrern auf einem Park Alani bekräftigte mich in diesem Entscheid. Sie zeigten alle auf die Autobahn und winkten ab, die Nebenstrasse zu nehmen (vielleicht auch, weil sie nur die Autobahn kennen?!).

Dann erreichte ich das Ende der Autobahn und damit die Zahlstelle. Ich dachte schon, ich sei nun in Istanbul - obwohl klar war, dass das der Stadtrand war...

Auch hier zeigte sich niemand beeindruckt, dass da einer mit dem Velo auf der Autobahn angefahren kommt, bezahlen musste ich auf jeden Fall nicht. Vielmehr kam die obligate Frage nach dem Woher-Wohin. Ich erkundigte mich, ob ich nun auf der Stadtautobahn weiterfahren soll/dürfe bis zum Taksimplatz. Die Uniformierten bestätigten das einhellig und erklärten auf meine Frage, wie viele Kilometer es denn bis zum Taksim wären: two five. Oh potz! Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Two five kann nämlich unmöglich 2.5 Kilometer sein - das müssen 25 Kilometer sein. Hoppla - Istanbul ist tatsächlich

G R O S S ...

S E H R   G O S S ...!!

R I E S I G ...!!!

Ich folge also der 4-5 spurigen Autobahn - immer geradeaus, wie die Uniformierten an der Zahlstelle gesagt habe. Doch was ist hier geradeaus?? Die Stadtautobahn verzweigt sich - von rechts kommen neue Spuren dazu - und ich mitten drin: Links braust der Verkehr auf 5 Spuren an mir vorbei - und von rechts kommen nochmals 3 Spuren. Mir wird schnell klar: So geht das nicht!!! Ich muss die Autobahn verlassen, bevor ich überfahren werde oder einen Nervenzusammenbruch kriege...

Ich erkenne rechts vor mir eine Ausfahrt mit dem Symbol "H" für Spital. Schnell ist mein Plan gemacht:

Cool - bei einem Spital hat es doch auch immer Taxis - und genau ein solches kapere ich mir dort und das soll mich dann zu meinem Hostel fahren - anders packe ich das hier nicht!!

Hm - gemacht ist mein Plan schnell. NUR: Wie komme ich über die drei Spuren, die da von rechts kommen?? Ihr müsst Euch vorstellen, ich steh auf der Sperrfläche - links fünf Spuren Verkehr, auf deren Pannenstreifen ich bis zur Sperrfläche gekommen bin, wo sich dieser dann aufgelöst hat - rechts drei Spuren brausender Verkehr. Vielleicht muss ich hier übernachten?? Ich setze meinen Bambiblick auf und schaue mal verzweifelt in die Richtung der Autos, die von rechts kommen. Und siehe da, gefühlte 1000 Autos später macht sich einer mit der Lichthupe bemerkbar, schaltet seine Warnblinker ein und hält an. Hinter im ein Gehupe! Ich kann die erste Spur überqueren - da muss der Verkehr auch auf der zweiten Spur halten und so bringe ich dann auch die dritte Spur zum Stillstand und kann ganz rechts auf der dritten Spur bis zur Ausfahrt radeln - ich ziehe den Zorn von halb Istanbul auf mich und entsprechend viel Gehupe.... Nicht ganz alltäglich - aber es hat geklappt. Was will ich mehr?!!

Und siehe da: Beim Spital hat es tatsächlich ein Taxistand inkl. Bürohäuschen. Da rolle ich vor, zücke mein Zettelchen mit der Adresse des Hostels und versuche zu erklären, dass ich mit dem Velo im Taxi zu dieser Adresse gebracht werden will. Ich glaube, die haben mein Anliegen sofort verstanden, aber keiner will es in die Tat umsetzen. Hallo - Velo ins Taxi und dann Abfahrt! Sie setzen mich auf die Bank vor dem Bürohäuschen und servieren Tee. OK, ist ja nett - aber ich will eigentlich Taxi fahren.

Einer, den ich als Chef einstufe, erklärt mir auf türkisch, es müsse nun jemand kommen, der übersetzen könne - also so glaube ich ihn zu verstehen.

Also trinke ich Tee und warte ab - im wahrsten Sinne des Wortes: Tee trinken und abwarten. Ich schaue mal eher zufällig auf mein Handy und lese eine SMS meines Vaters, wonach der Taksimplatz wegen 1. Mai Demos weiträumig abgesperrt sei etc. Mein Vater empfiehlt mir, den Taksim weiträumig zu umfahren. Super Idee - nur muss ich ihn ja zuerst finden, den Taksim und dann noch herausfinden, wie man den auf all den Spuren hier umfährt... Wie auch immer. Es geschieht bei den Taxifahrern genau: GAR NICHTS! Doch dann: Plötzliche Hektik. Sie deuten mir, dass sie nun beten gehen. Das Häuschen wird abgesperrt und alle eilen davon - ich sitze auf der Bank und trinke Tee.

Dann kommt der Chef zurück und wundert sich, dass ich noch immer da bin. Erkläre ihm nochmals, dass ich per Taxi zu der Adresse auf meinem Zettel wolle. Er deutet mir, ich solle mitkommen. Dann geht er vorab - direkt ins Spital. Dort fahren wir per Lift ins erste Untergeschoss und werden in der Abteilung Marketing vorstellig. Fensterlose Büros, viel Personal, das gelangweilt vor seinen Handys sitzt und darauf rumspielt. Englisch will hier niemand können. OK - wir gehen einige Türen weiter und landen in der Abteilung International Relations. Da müssen wir doch richtig sein. International Relations geht doch wirklich nur in English... Doch auch hier will niemand Englisch können. Bis schliesslich ein Herr in Anzug und Krawatte sich meiner erbarmt und zu übersetzen versucht. Er spricht nicht wirklich gut Englisch - aber es reicht. Ich erkläre ihm mein Anliegen - er übersetzt. Der Taxichef gibt Antwort und das wird wiederum übersetzt. Der Taksim sei gesperrt, man könne mich nicht zum Hostel bringen. Erkläre, das könne nicht sein, das Hostel habe mir geschrieben, auf Umweg sei das möglich, man soll da anrufen und fragen. Der Taxichef verwirft die Hände und wir zotteln ab.

Ich staune, dass ein Spital überhaupt eine Abteilung International Relations hat - und dort niemand wirklich Englisch spricht... Wie auch immer. Hoffentlich bleibt das meine einzige Spitalerfahrung auf meiner Reise...!!!

Zurück beim Taxistand wird Passpartu in den Kofferraum eins normalen PW-Taxis verladen, obwohl auch Grossraumtaxis vorgefahren sind - doch wie nun den Deckel des Kofferraums schliessen. Der junge Taxifahrer hat keine Idee - ich helfe ihm mit den Gummizügen aus, mit denen ich mein Zelt auf dem Gepäckträger befestige. So fährt er mich dann in Richtung Taksim. Unterwegs will ich das Hostel anrufen - komme nicht durch. Zeige dem Fahrer die Nummer. Er erklärt, eine Ziffer fehle. MIST, da habe ich die lange Nummer doch nicht vollständig aufgeschrieben - ich ärgere mich - schicke meiner Schwester ein SMS - sich googlet die Nummer und schickt mir diese per SMS nach Istanbul. Wie hat man das bloss früher gemacht??

Der Taxifahrer ruft an und lässt sich den Weg erklären - setzt mich dann aber doch bei der Atatürk-Brücke zum Taksimplatz ab. Dort wimmelt es von Polizei. Ich folge den vielen Touristen, die zu Fuss unterwegs sind und ihr Gepäck schleppen, weil keine Taxis fahren und der ÖV steht. Ein massiv übergewichtiger Polizist hält mich auf, will wissen wohin ich gehe - ich zeige ihm das Zettelchen mit der Adresse. Er schnauzt mich an, ich soll das Rad schieben. OK, dann schiebe ich halt... Formale Autorität...

Keine 50 Meter weiter kommen zwei Polizisten auf mich zu und fragen, nach meinem Ausweis. Der eine entschuldigt sich, er würde nur schlecht Englisch sprechen. Aber er fände es cool, dass ich mit dem Fahrrad unterwegs sei, er sei auch viel mit dem Rad unterwegs. Er erklärt mir sehr hilfreich und ehrlich engagiert die weiteren ca. zwei Kilometer und meint, ich dürfe problemlos fahren. Zum Abschied ein Daumenhandschlag - geht doch!

Es folgen unzählige Polizeikontrollen. Die Jungs stehen in ihren Uniformen da - sie machen ihren Job ok. Aber keiner spricht auch nur noch ein Wort Englisch, Deutsch oder Französisch... Zum Teil wollen sie nicht mal den Versuch wagen, mein Zettelchen mit der Adresse zu lesen - plustern sich aber machoid auf. Das stimmt mich innerlich sehr aggressiv. Aber ich muss ruhig bleiben - sie sind am längeren Hebel.

Die nächste Kontrolle: Da will sich ein junger Polizist grad eine Zigarette anzünden, als er mich anrollen sieht. Er stoppt mich, spielt cool mit seiner Zigarette, bringt sich vor mir in Position und will wissen, wohin ich wolle. Zeige ihm mein Zettelchen. Er prüft es sorgfältig. Und sagt "Go!". Da mache ich den Fehler ihn zu bitten, mir den Weg zu erklären. Das kann der arme Tropf nicht, weil er wohl nicht weiss, wo die Adresse ist und/oder ganz offensichtlich auch nicht genügend Fremdsprache spricht... Er rettet sich in die formale Autorität um sein Gesicht wahren zu können: Er verlangt von mir meinen Pass. Ich zücke die ID im Wissen darum, dass ich ja noch das kleine Zettelchen habe mit dem Einreisestempel. Mal schauen, ob der weiss, dass es das gibt und danach verlangt. Er weiss es offenbar nicht - oder fragt nicht danach - prüft aber wichtig meine ID. Dann will er eine Gepäckkontrolle machen. Ab so viel Schikane werde ich nun innerlich wirklich säuerlich. Keep cool. Meine Antwort: NO PROBLEM - PLEASE! Beginne abzuladen. Da kommen Kollegen von ihm dazu, die tasten meine Taschen ab und entscheiden, dass nichts gefährliches darin sei, ohne einen Blick in die Taschen zu werfen  - ich muss nämlich nicht eine einzige Tasche öffnen. Jungs, wenn ihr wüsstet, wie peinlich ihr wirkt...!

So geht das weiter. Alle 150 Meter eine Kontrolle - niemand, der Englisch, Deutsch oder Französisch spricht oder die Adresse kennen will. So geht das immer weiter!

Ich verzweifle langsam - ein Hotelportier erklärt, ich sei im richtigen Quartier - mehr könne er mir nicht sagen. Immerhin!

Und dann - oh Wunder - bei der nächsten Kontrolle kommt ein zottliger Polizist auf mich zu - ungepflegte Haare, ungepflegter Bart. Der erbarmt sich dann meiner, zückt sein Samrtphone und googlet die Adresse. Und siehe da - durch die nächste Polizeisperre, die zweite Strasse rechts und ich soll da sein. Er sorgt sogar dafür, dass ich die Polizeisperre passieren darf, obwohl das nicht vorgesehen ist und bei anderen Touristen zu Unmut führt, den sie in Diskussionen mit den Polizisten äussern. Ich mache mich aus dem Staub und finde mein Hostel - und bin so froh, angekommen zu sein. Wirklich froh! Danke, Herr Polizist - Sie waren eine rühmenswerte Ausnahme - so wie der zweite Kollege, der mich heute NM kontrolliert hat.

Nun sitze ich also auf de Dachterrasse meines Hostels und geniesse die Sicht über die Altstadt von Istanbul - ein cooler Ort. Chillig - sonnig - in sehr schönem Quartier mit kleinen Gässchen, so richtig Altstadtgroove, wie ich es mir vorgestellt habe!

Hier bleibe ich nun gute 2.5 Wochen oder so, bis ich meine Visageschichten geregelt habe.

Mein Pass kommt am Dienstag aus der Schweiz angeflogen - freue mich auf meinen ersten Besuch...

Liebe Grüsse aus der Millionenmetropole Istanbul - die heute fast ausschliesslich aus Polizisten zu bestehen scheint...

Herzlich

Patrik Kirtap

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Kommentare: 1
  • #1

    ka. (Samstag, 02 Mai 2015 00:51)

    Uiiii da hesch aber eine mitgmacht !!!
    Gniess di schöne dachterässli-cafi's
    I hase eifach nume super cool gfunde.
    Dä blick über d schtadt ... Einmalig!
    Wünsch dr e gueti zit e liebe gruess usem räge-land .... ka.

 

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