Interkulturelle Kommunikation...

Liebe Alle

Gestern  hatte ich einen etwas schrägen Tag in Yazd. Vielleicht hing es mit dem Abschied von Karin und Fritz am Vortag zusammen - habe ich es doch sehr genossen mit den beiden - nicht alleine unterwegs sein - in Begleitung cooler Radler - mal wieder Austausch, teilen zu können - war schon sehr schön..., vielleicht hatte es mit der Hitze, vielleicht auch damit zu tun, dass ich mich darüber ärgerte, dass das Päckli vom Nepalthesi im Hotel nicht gefunden werden konnte oder dass ich heute mein Iranvisum in Teheran verlängern musste/wollte und man über diesen Akt der Administration verschiedene Geschichten hört, die mir noch so auf dem Magen gelegen haben - oder vielleicht war es gar eine Kombination von allem... Wie auch immer...

Während des Frühstücks gab es gestern ja die Auseinandersetzung zwischen dem Mitarbeiter und dem Manger des Hotels in Yazd, wo die Fetzen, Akten etc. flogen.. Nach dem Frühstück habe ich gepackt und durfte meine Tasche in der Rezeption - verschlossen - deponieren. Zuerst wurde mir für die Tasche ein für jedermann zugänglicher Platz zugewiesen - passte mir nicht, und ich sagte dem Manager, ich wolle nicht, dass meine Tasche hier auch noch verloren gehe - er rollte die Augen und meine Tasche stand in der Rezeption >:-)) - geht doch! Man muss mit den Leuten reden...

Tja, dann wurde es Abend, ich habe ausserhalb des Hotels noch etwas kleiens gegessen, mich im Hotel geduscht - und mich von den anderen Backpackern verabschiedet, mit denen ich die letzten Tage zum Teil gemeinsam unterwegs war. Der eine von ihnen fliegt dieser Tage nach Nepal, der andere nach Indien - ich reise gegen Osten - so trennen sich unsere Wege - bevor sie sich vielleicht irgendwann, irgendwo wieder kreuzen - die Welt ist klein, ausser man will sie mit dem Fahrrad erfahren...! Der Mitarbeiter im Hotel, der dem Manager gesagt hat, ich würde mich bei offiziellen Stellen beschweren gehen, wollte mir noch ein Nachtessen einpacken, damit ich es mit in den Bus hätte nehmen könne - das sei das Hotel mir schuldig... Ich habe dankend abgelehnt - weil ich schon gegeseen hatte und die Situaton nicht überstrapazieren wollte...

Im Feierabendverkehr von Yazd ein Taxi zu finden war deutlich schwieriger als erwartet - ich konnte mir dann doch noch einen inoffziellen/privaten Fahrer auftreiben, der mich für "nur" 100'000 Rial zum Busbahnhof fahren wollte. Vorgestern früh, als wir hier angekommen sind, kostete die Fahrt in die Innenstadt mit einem gleichen Taxi gerade mal die Hälfte - nun bestimmt aber offenbar Angebot und Nachfrage den Preis - und mein Zeitdruck...

Aber: Alle anderen Fahrer waren heute Abend noch teuerer. So steige ich für 100'000 Rial ein und ärgere mich, dass der Fahrer unterwegs immer wieder weitere Leute aufnimmt und sich von ihnen für die von ihnen mitgefahrene Teilstrecke bezahlen lässt ohne mir einen Discount geben zu wollen - statt mich auf dem direkten Weg zum Busbahnhof zu bringen... Als der Fahrer einen solchen Mitfahrer aussteigen lassen will, passiert es dann auch: Er touchiert einen dieser blauen Lieferwagen und verkanntet sich mit seiner Stossstange in dessen Stossstange. Eine für mich absolut ungefährliche Situation, da alles im Schritttempo passiert - einzig geht ein gewaltiges Drama los. Die beiden Fahrer steigen aus und schreien sich an - vermutlich geht es um die Schuldfrage und der touchierte Fahrer will wohl alle seine Beulen an seinem Auto meinem Taxifahrer anlasten - mein Fahrer scheint sich jedenfalls heftig verteidigen zu müssen - Zuschauer eilen dazu und mischen sich in die Situation ein - nichts geht mehr - ausser einem Theater auf offener Stasse, welches wohl mehr als 5 Akte haben dürfte - bald stehen da 10 Mann. Die Zeit läuft und ich realisiere, dass es mit meinem Bus immer knapper und knapper wird - denn bis zum Busbahnhof zieht sich die Strecke noch recht dahin - entweder es geht hier nun vorwärts - oder ich muss notfallmässig ein anderes Taxi bekommen... Da jagt es mir den Nuggi und zwar so, wie es ihn mir schon seit Ewigkeiten nicht mehr gejagt hat (letztmals wohl, als meine Wohnung saniert wurde - als ich noch eine solche hatte - und sich der junge Handwerker erdreistet hat, ohne zu klingeln am frühen Morgen einfach in meine Wohnung zu kommen - armer junger Mann...). Für meine nicht CH-Leser: Uns jagt es den Nuggi, wenn uns der Kragen platzt... Der Nuggi ist das Teil, auf welchem Kleinkinder kauen...

Ich steige aus dem Taxi, dränge durch die Zuschauer und stelle mich vor die beiden sich anschreienden Fahrer und schreie mal auf Schweizerdeutsch völlig enerviert dazwischen - dabei nutze ich auch einige Wörter aus dem Tierbuch - und erinnere mich im Nachhinein, dass ich diese Worte wohl als Kind schon von Onkel Rolf gelernt habe - mit diesem habem meine Schwester und ich nämlich immer ausserordentlich super gerne geflucht - er kannte viele Wort, die wir nicht sagen durften - aber unter seinem "Schutz" uns eben gemeinsam mit ihm zu sagen trauten - und zum Leidwesen meiner Mutter hat er uns diese Worte auch immer mit grosser Freude begeibracht und ich liebte es halt mit ihm zu fluchen - das war immer so lustig...! Ich liebte es wohl nciht zuletzt, um meine Mutter zu ägern... He - dieses frühkindiche Kommunikationstrianing in Schweizerdeutsch hat mir gestern Abend aber sowas von geholfen... Danke Onkel Rolf - wir haben wohl beide nicht geahnt, dass das, was wir da als Jux machten, mal wirklich Sinn hat...!! >:-)) Und hier versteht ja keiner Schweizerdeutsch - aber die Kraft der Worte und meiner Wut zeigte ihre Wirkung durchaus...

Die beiden streitenden Autofahrer und die Zuschauer staunten nicht schlecht über mein Verhalten - waren überrascht/irritiert - ich nutze diese Irritation und zeigte mit ausgestreckem linken Arm und Zeigefinger, wo der touchierte Fahrer Platz zu nehmen hat - nämlich hinter dem Steuer seines Autos. Mit dem rechten Arm und Zeigefinger zeige ich meinem Taxifahrer, dass er sich nun hinter das Steuer des Taxis zu klemmen und mich auf direktestem Weg zum Busbahnhof zu bringen habe - und zwar sofort! Und die Zuschauer wischte ich mit einer ausladenden Handbewegung weg - was auch heissen kann, kommt her - he nu - es wirkte... Es kann auch wirklich sein, dass ich mich völlig daneben aufgeführt habe nach lokalen Sitten - zumal Yazd eine sehr konservative Stadt sein soll - das wäre dann dumm gewesen - ich kann es nicht beurteilen - ...

Ich staunte im Fall danach im Taxi auch über mich... Ich war so wütend, weil ich meinen Bus zu verpassen glaubte, nur weil diese beiden Typen hier so ein Drama machten - für nix...Meine Intervention hätte ja auch anders ausgehen können - ist aber nicht... Ein nächstes Mal überlege ich vielleicht mehr - vielleicht auch nicht... - bevor ich interveniere.. Mein Auftritt war so spontan und überzeugend - daher ist mir wohl auch nichts passiet... Ob ich da aus meinem vorletzten Job noch was dabei hatte, was bestimmtes Auftreten in Konfliktsituationen anbelangt...??

Ich erreiche den Bus knapp - grad rechtzeitig vor Abfahrt - und bin enttäuscht: Der Bus ist zwar wie ein VIP-Bus (also nur drei Sitze pro Reihe) aber viel enger bestuhlt - also ohne spezielle Beinfreiheit oder diesem Klappteil unten am Sitz für die Beine, welches für mich zum schlafen im Bus so wichtig ist, weil es die Liegefläche deutlich verlängert und ich sonst kaum weiss, wohin mit meinen langen Beinen - und der Bus war gekühlt wie ein Kühlschrank. Der Fahrer wollte mir während der ganzen Fahrt nach Teheran keinen Zugang mehr zu meinem Gepäck geben - und ich sehnte mich so sehr nach der Kuscheldecke, die seit Esfahan in meiner Tasche ist. So hatte ich nebst meinem Langarmshirt aber immerhin noch meinen Heimwehschal/Seelenwärmer, um mich zu wärmen - und er wärmte mich wunderbar - physisch und emotional... Trotzdem wurde es eine lange Fahrt von 8 Stunden in kalter Zugluft und ich fühle mich aktuell müde und matt - fast  grippig - werfe nachher noch ein Pülverli ein auf die Nacht...

Schlussendlich erreichten wir Teheran - ich wurde am Stadtrand ausgesetzt - nicht etwa am Busterminal. Es stand da auch "ganz zufällig" ein Taxifahrer - das ganze wirkte auf mich zwischen Bus- und Taxifahrer nämlich abgesprochen... Er wollte mich für 200'000 Rial in die Stadt zum mir vom letzten Aufenthalt bekannten Hotel bringen - ich drückte ihn auf 150'000 Rial - bezahlte ich doch für die Taxifahrt von Yazd nach Teheran für etwas über 600 Km Distanz 360'000 Rial - da fahre ich nicht für 200'000 Rial durch Teheran. Er willigte widerwillig ein für 150'000 Rial und versuchte mir auf dem ganzen Weg in die Stadt 200'000 Rial abzuringen. Müde von der langen Fahrt mit wenig Schlaf erklärte ich schlussendlich auch ihm auf Schweizerdeutsch - geduldig - und er begriff: Nix zu machen - der Touri bleibt bei 150'000 Rial.

Im Hotel angekommen war ich froh, dass ich ein Doppelzimmer beziehen durfte, etwas schlafen und mich duschen konnte, weil noch kein Einzelzimmer frei war - das Einzelzimmer leiste ich mir, habe ich die letzten drei Nächte doch kostenlos gewohnt... Um 09.00 Uhr Frühstück: Der Manager des Hotels erkennt mich sofort zeigt sich erstaunt, dass ich ausgerechnet in Teheran mein Iranvisum verlängern lassen will. Er fragt mich, wie ich denn auf diese Idee käme (eine Schnapsidee kann es hier ja nicht sein), warum ich das nicht in Schiraz oder Yazd gemacht hätte, wo es doch sehr viel einfacher gewesen wäre. Ganz einfach, weil man mir in Schiraz im Hostel gesagt hat, in Schiraz sei es zu kompliziert - ich solle es in Yazd machen - zudem hätte ich in Schiraz auch noch zu viel Restlaufzeit des Iran-Visums, das würde mir noch nicht verlängert. Das werde in Schiraz frühestens 48 Stunden vor Ablauf verlängert... Das die Auskunft in Schiraz...

In Yazd sagte man mir dann im Hotel, ich hätte es besser in Schiraz machen lassen oder in Esfahan. In Yazd sei es zu kompliziert, die Behörde unzuverlässig bzw. wenig nachvollziehbare Visaenscheide, das daure zudem Tage...

Karin und Fritz dagegen waren überzeugt, dass es in Teheran am einfachsten gehen sollte. Darum habe ich mich auf Teheran versteift, um mein Visum zu verlängern. Der Manager zuckt die Schultern und meint, Teheran sei wohl der am meisten frequentierte Ort, um mein Visum zu verlängern - aber in Mashad soll ich es  gar nicht erst versuchen... Er schreibt mir aber die Adresse und den Weg auf, wie ich zu diesem Büro komme. Ich kann quasi vor dem Hotel in die U-Bahn steigen und mich auf dem direkten Weg dahin fahren lassen, was ich dann auch gleich mache. Der Hotelmanager meint, wenn ich die Verlängerung nicht heute oder spätestens morgen Vormittag bekomme/zugesichert hätte, soll ich zurückkommen - er würde mir dann die Fahrt in einen nahe gelegenen andern Provinzhauptort organisieren, wo alles einfacher gehe, denn in Teheran... Meine Vorgehen sei wirklich wenig logisch, aber ich soll mein Glück versuchen...

So mache ich mich auf den Weg zur Behörde, die ich auch problemlos finde und mich am Eingang in die lange Schlange der vielen wartenden Menschen stelle. Die Schlange wird vom Empfang der Behörde recht gut abgearbeitet - nicht alle anstehenden Menschen wollen wie ich eine Visaverlängerung - es werden hier offenbar verschiedenen fremdenpolizeiliche Angelegenheiten abgewickelt - und ja, erstmals ist für mich die Fremdenpolizei oder wie diese Behörde hier korrekt übersetzt heisst, zuständig. Ein komisches Gefühl - lange Zeit sass ich ja hinter dem Schalter dieser Behörden in der Schweiz und habe Ausländer bedient - nun bin ich als Fremder oder eben Bittsteller da - auch das eine Erfahrung, welche ich nur auf einer solchen Reise machen kann...

Also einmal tief durchatmen, "Krönchen innerlich richten" und Bambiblick in Stufe 10 von 10 aufsetzen, als ich zum Empfangsschalter vorgelassen werde. Das nützt! Und wie das nützt...: Ein uniformierter Mitarbeiter begleitet mich zur Visaver-längerungsabteilung - er wird sich durch den ganzen Prozess immer wieder kümmern - wie ein Coach - so cool!!

Erste Station: Er stellt mich vor ein erstes Büro - ich soll da nun rein - "go to Boss" heisst das in seiner Coachingsprache - und mein Anliegen vortragen. Also atme ich nochmals tief durch, "richte mein Krönchen innerlich erneut" und behalte den Bambiblick mal aufgesetzt, runterfahren kann ich ihn immer noch - "der Boss" ist ein recht sympathischer, sportlicher Mann in Uniform, der mich fröhlich begrüsst und mein Anliegen wohlwollend aufnimmt - so kann ich den Bambiblick runterfahren auf Stufe 3 oder so...

Er will wissen, wie ich reise - erkläre ihm mit dem öffentlichen Verkehr und dem Velo entlang der Seidenstrasse. Das findet er offenbar gut - und meint, warum ich nur um zwei Wochen verlängern wolle - ich soll doch grad drei Wochen oder so beantragen, das habe auf den Preis keinen Einfluss und ich könnte im Iran noch mehr sehen.

Ich zeige mich erstaunt und dankbar, für diese wichtige Information - und will ihm damit natürlich auch den Schmus bringen, was mir glaube ich ganz gut gelingt...

Dann bekomme ich zwei identische Formulare, welche ich auszufüllen hätte - und NEIN: Fotokopie gilt nicht - beide von Hand ausfüllen!! Mir rotem Kugelschreiber füllt er bereits erste Informationen ein, setzt sein Visum drauf und schreibt mir auf die Rückseite, dass ich 345'000 Rial (also knapp über 10 Dollar) bei der Bank in der Nähe einzahlen und dann mit der Quittung wieder kommen müsse.

Ich frage ihn nach einem Stift, da ich meinen nicht finden kann in meinem Rucksack und er leiht mir einen seiner Stifte aus - ich verschichere ihm, den Stift wieder zu bringen.

Im Warteraum fülle ich unter Aufsicht meines Coachs die Formulare aus und lasse mir in einem nächsten Büro eine Frage dazu beantworten. In diesem Büro werden dann auch meine Angaben in den Computer getippt und der Beamte kommentiert mein Foto auf dem Iranvisum mit  "You look fat" - also ich würde auf dem Foto des Iranvisum dick aussehen (um fat aus narzistischen Gründen nicht mit fett zu übersetzen...) - ich muss spontan lachen und bedanke mich für diese doch überaus direkte und nach Rosenberg nicht wirklich gewaltfrei kommunizierte Bemerkung - er meint fast fürsorglich, ob ich im Iran nicht genügend essen würde - erkläre ihm, dass ich beim Fahrradfahren vor dem Iran schon so viel abgenommen hätte, ich im Iran viel und lecker esse.. Er freut sich über meine Reiseart und übersetzt  seinem Kollegen im gleichen Büro, der offenbar kein Englisch versteht...

Dann fragt er mich, ob ich eine Kopie meines Passes und des Iranvisums hätte - sonst müsste ich diese im Kopiererbüro im Warteraum machen - da stehen die Menschen aber Schlange vor dem Kopierbüro. Ich habe diese Kopien zum Glück - zeige sie ihm zu meinem Glück aber noch - denn: Das Iranvisum habe ich bereits in Istanbul kopiert - und auf dieser Kopie ist natürlich kein Einreisestempel - also ist diese Kopie hier nutzlos.  Also muss ich mich in die Schlange vor dem Kopiererbüro stellen und diese Seiten kopieren lassen. MIST - das dauert und die Kopiervorgänge der Leute vor mir werden so schwerfällig abgewickelt - und dann muss noch Papier nachgefüllt werden ... - ... Dabei schliessen die hier doch um 13.45 Uhr - und es ist schon 11.30 Uhr und ich muss auch noch zur Bank und befürchte, die machen bald Mittagspause - warum bin ich auch nur auf die Idee gekommen, das Visum in Teheran zu verlängern... Dann endlich, bin auch ich an der Reihe für meine Kopie...

So kann ich mich nun auf den Weg zur Bank machen, um dort die Gebühren einzuzahlen - das sei 10-15  Minuten Fussmarsch pro Weg... Als ich das Gebäude der Fremdenpolizei verlasse, werde ich auf der Strasse sofort von einem "Quittungshändler" angesprochen. Dieser ist so clever und hat bereits rund 20 mal die 345'000 Rial als Vorschuss einbezahlt und verkauft den Antragstellern wie mir nun die Quittung der Bank für 400'000 Rial - die Differenz von 55'000 Rial (also etwa Fr. 1.50) ist sein Verdienst - das ist auch ein Geschäftsmodell - auf Ideen kommen die Menschen hier..: Er bevorschusst Visaverlängerungen...! So gut!!

Sein Verdienst mag nach wenig klingen. Wenn er aber täglich 10 Quittungen verkauft, hat er 15 Franken im Sack - ihr erinnert Euch, dass mir ein Schweisser gesagt hat, er verdiene 7 Dollar am Tag - und ein Schweisser arbeitet härter für diese 7 Dollar, als ein Quittungshändler für 15 Franken/Tag - und der verkauft locker 10 oder mehr Quittungen am Tag, weil bei dieser Hitze nur die wenigstens den Fussmarsch von 10 bis 15 Minuten pro Weg zur Bank machen und hier viele Leute Visaverlängerungen machen - ...! Und die Eintrittshürde in diesen Markt ist wohl recht hoch, da sich wohl nicht zu viele Leute erlauben können, mehrere hundert Franken - also etwa ein Monatslohn -  als Vorschuss zu blockieren... Wie auch immer:

Ha - wenn ich für Fr. 1.50 nicht zur Bank spazieren muss, um mich dort wieder in eine Reihe zu stellen und womöglich Formulare auszufüllen muss, die ich nicht lesen kann, kaufe ich mir hier auf der Strasse doch so eine Quittung. Doch: Bevor ich sie  bezahle, lege ich sie am Empfang meinem Coach vor - der bestätigt, ohne sie genauer zu prüfen: Alles OK! Der Quittungsändler ist hier offenbar als seriös bekannt... So kaufe ich mir eine Quittung - und der Quittungshändler hat einen weitern von ihm geleisteten Vorschuss inkl. Kommission zurück in seiner Tasche...

So geht es dann nur 5 Minuten später wieder in den Warteraum. Dort stelle ich mich an einem Pültchen in die Reihe, die mir von meinem Coach gezeigt wird. Am Ende dieser Reihe werden die von mir ausgefüllten zwei Formulare zusammen mit der eben gekauften Bankquittung und zwei Passfotos mit Heftklammern von einem ebenfalls unfiformierten Beamten auf ein rosarotes Papierdossier geheftet - diese Dienstleistung kostet 500 Rial - also "nichts" oder 0.01 Franken oder so.

Mit diesem rosaroten Dossier habe ich mich bei Schalter 2 zu melden, der aber nicht bedient ist. Ich entscheide mich, zuerst dem Boss den Stift wieder zu bringen, den ich bei ihm ausleihen durfte - das ist mir wichtig, dass ich als Touri in solchen Situation zuverlässig bin - sonst bekommen die Touris nach mir keine Stifte mehr ausgeliehen oder man verliert eben das Vertrauen in die Touris... Ich  drängle also an der vor seinem offenen Büro wartenden Menschen vorbei durch die offene Bürotüre, zeige ihm den Stift und stelle diesen in seinen Stifthalter auf dem Pult - er bedankt sich mit einem freundlichen Blick und einem kurzen Lächeln, ich mich ebenso...

Mir fällt auf, dass die Leute vor seinem Büro alle hellblaue Dossiers bei sich haben - das sind offenbar im Iran niedergelassene Ausländer, die ihre Papier verlängern müssen - die stellen sich auf jeden Fall nach dem Besuch beim Boss am entsprechenden Schalter neben meinem Schalter 2 an...

In der Zwischenzeit ist Schalter 2 besetzt. Ich reiche meine Unterlagen durch und erkläre der Dame hinter der Glasscheibe, dass ich die Verlängerung heute brauche, da ich weiterreisen wolle!! Sie prüft die Unterlagen und deutet mir, dass ich ihr ins Büro des Bosses folgen soll - sie geht hinter den Glasscheiben diesen Weg, ich auf meiner Seite. Schon wieder drängle ich mich an der Warteschlange vor dem Büro des Bosses durch die offene Türe, wo ich vom Boss - aktuell grad am Telefon - sofort erkannt werde als der Touri der eben den Stift zurückgebracht hat, das erkenne ich an seinem freundlichen Blick... Eine kurze Diskussion zwischen zwei Mitarbeiterinnen, da der Boss eben grad am Telefon ist - und mir wird gedeutet, dass es die Einheit von 2 dauern wird, bis ich die Verlängerung bekomme und ich im Warteraum Platz nehmen soll... Die Einheit 2 bleibt aber ohne weitere Klärung - also weiss ich nicht, ob es sich um zwei Minuten, zwei Stunden (können es kaum sein, da sie hier in weniger als zwei Stunden schliessen) oder zwei Tage oder gar zwei Wochen handelt...

So wie die Einheit aber gezeigt wird, kann ich davon ausgehen, dass es wohl 20 Minuten sein müssen - in Geschäften wird mir so nämlich immer der Preis von 20tausend Rial angezeigt: Zeige- und Mittelfinger werden in die Luft gestreckt. Der Zeigefinger alleine steht für 10tausend Rial. So setze ich mich in den Warteraum und bin guter Dinge, dass ich in 20 Minuten die Visaverlängerung im Pass haben sollte. Und so ist es auch: Keine 15 Minuten später werde ich aufgerufen und zu einem geschlossenen Schalter geschickt. Dort überreicht mir eine Beamtin meinen Pass und zeigt mir, dass ich einen Monat Verlängerung im Pass habe - ich bedanke mich aufrichtig, sehr erleichtert und überschwenglich, dass das alles innerhalb von kaum einer Stunde möglich war - obwohl hier so viele Leute anstehen für verschiedene Anliegen... SO GUT - VIELEN DANK!!

Sie schiebt mir den Pass zurück -   UND ZWINKERT MIR ZU... Das hätte ich nun auch nicht erwartet. Mir scheint, sie freue sich, dass ich mich so freue... Erleichtert verlasse ich die Büros und bedanke mich am Empfang bei meinem Coach für seinen Support, der sich freut, dass ich mich bedanken komme...

He, als ich diese Behörde verlasse, bin ich schon stolz auf mich, dass ich den Bürokram mit den Visa und so bisher immer so gut auf die Reihe gekriegt habe - ok - Bambiblick oder taffes Auftreten hilft - und ist je nach je legitim und notwendig - hatte bisher immer ein gutes Feeling, wann was angezeigt war... Auch wenn Eigenlob stinkt, klopfe ich mir auf die Schultern!! Osch würde sagen: Alles richtig gemacht!!

Mit der U-Bahn rausche ich ins Hotel zurück, wo ich das Zimmer wechseln muss - und rausche wenig später mit der anderen U-Bahn-Linie in den Norden der Stadt, um bei der Botschaft Chinas vorstellig zu werden und mich zu erkundigen, wie es denn aussieht betr. China-Visum, welches hier ja recht einfach zu bekommen sei, wenn man den Geüchten in der "Travelerszene" galauben kann - wobei man dort ja sehr viel hört...

Bei der U-Bahn-Endstation, die ich ja von meinem Trips zum Konsulat von Turkmenistan bereits bestens kenne, esse ich in einem Selfservice noch etwas zu Mittag - der Hunger meldet sich, hatte ja seit gestern Abend kaum mehr etwas - und es ist schon nach 12 Uhr... Ich komme mit meinen Sitznachbarn ins Gespräch, welcher als Französischlehrer in Teheran arbeitet. Er freut sich, mit mir Französisch sprechen zu können und wir parlieren sicher 45 Minuten miteinander über meine Reise, die Schweiz, den Iran und und und - und: Er bietet mir von seinem grünen Mus an, welches er auf Fladenbrot streicht - also er bietet es so an, dass er mir ein bereits bestrichenes Fladenbrotstück so ultimativ hinstreckt, dass ich es nur essen kann, wobei dieses Mus auf mich wirkt, als wäre es schon einmal gegessen worden - ich hätte mich nie dafür entscheiden können am Buffet - rein optisch nicht - geschmacklich ist es dann aber herrlich: Auberginen sind drin, Curry, Minze - lobe den Geschmack und werde gleich weiter gefüttert... Kann meine Lasagne gar nicht fertig essen, obwohl auch die lecker schmeckt...

Dann hilft er mir noch das Taxi zur Botschaft zu besorgen, verhandelt den Preis und gibt mir seine Telefonnummer, falls ich jemals jemanden brauchen sollte, der mir bei Problemen übersetzt - meine Telefonnummer fordert er aber nicht ein - ihm scheint wichtiger, dass er da sein kann, wenn ich ihn brauche...

Er nennt mir auch seinen Namen, der für mich aber sehr schwierig auszusprechen ist - und doch halt irgendwie nach Claude klingt - daher speichere ich ihn in meinem Handy als Claude, was ja sehr französisch ist - er lacht und freut sich, dass er nun einen französischen Vornamen hat, stelle mich als Patrik vor und weg bin ich... 

Die Chinesen haben heute Nachmittag geschlossen - ich kann da aber morgen nochmals vorsprechen.

So geht für mich ein langer Tag zu Ende und ich werde wohl bald schlafen - hier ist es ja schon nach 21 Uhr und die letzte Nacht war nicht so erholsam und morgen Früh muss ich ja früh raus... Je nach Verlauf der Abklärungen betr. China-Visum fahre ich übermorgen in Richtung Mashad los - oder später - ihr werdet es lesen: HIER!

Herzlich in die Welt hinaus - nach einem zeitaufwändigen Administrationstag - der für mich schon unter dem Titel Interkulturelle Kommunikation segeln darf: Streitendes Hotelpersonal, keifende Autofahrer, ein Beamter, der mich dick nennt :-), Behörden, Französischlehrer...

Und mir wird so richtig bewusst, welches Privileg es ist, in der Schweiz zur Schule gegangen zu sein und zwei Fremdsprachen soweit zu beherrschen, dass ich mich verständigen und durchsetzen kann - OK, in die Fremdsprachen habe ich auch persönlcih noch viel Geld und Zeit investiert - und doch: Nicht überall beommt man so viel Wissen vermittelt - hätte ich das damals doch nur kapiert - ich könnten noch besser Franz und Englisch...

Patrik Kirtap

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Pa (Mittwoch, 17 Juni 2015 19:07)

    Lieber Sohnemann! Ich fange gleich bei Deinem Schluss an: da kann Dir Deine Familie aber nur beipflichten........haben wir doch seinerzeit gelitten und Blut geschwitzt in der Küche im Wiler am Teich! Deine Schwester hatte damals "das von Rolf gelernte" auch benutzt. Nun die Zeiten ändern sich und Du hast Dich zum gewandten "Mann von Welt" gewandelt, was Dir nun ja offensichtlich zum Erfolg in verschiedensten Situationen gereicht. Weiterhin viel Gluck auf Deiner Reise! Wir denken an Dich Ma & Pa

  • #2

    ka. (Donnerstag, 18 Juni 2015 01:01)

    Patrik hast du wohl meine nachricht gestern 16. nicht erhalten?

    Würde ja zu diesem tag passen!!

    Wau da hattest du einen ausgiebigen bürotag!
    Das wär öppis für mi puhhh
    Has gäbig gha u ha nume chönne Mth nache tschiengle....

    Patrik machsches eifach super!! Witer so tschü ka.

 

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