Liebe Alle
Die Fahrt von Samarkand nach Dushanbe dauerte schlussendlich vom 25. Juli 2015 bis 31. Juli 2015. Gestern Abend bin ich in Begleitung von Andreas aus der Schweiz hier in Dushanbe angekommen. Es war eine schöne, zum Teil wegen der Hitze doch auch recht anstrengede Fahrt. Die Strassenverhältnisse haben hinter Samarkand deutlich nachgelassen - über weite Strecken verdiente die Unterlage die Bezeichnung "Strasse" definiiv nicht mehr...!! Wir sind zum Teil über Pisten gefahren oder die "Strassen" bestanden ausschliesslich aus sich nahtlos aneinander reihenden Schlaglöchern. Ich habe Passpartu da ganz arg viel zumuten müssen - und wir sind noch nicht auf dem Pamir... - aber Passpartu hat tapfer und fast ohne Panne mitgemacht...!! DANKE, Du tapferes Stahleselchen!!
Unterwegs haben wir campiert und sind zweimal in einem Hotel abgestiegen, damit wir uns vor der Hitze - die Velocomputer haben bis 53 Grad angezeigt - in Sicherheit bringen und die notwendigen Registrationen sammeln konnten, die wir in Uzbekistan ja haben müssen (spätestens alle 72 Stunden muss man sich registrieren lassen)...
Nachstehend habe ich Euch einige Bilder und Beschreibungen hochgeladen...
Start in Samarkand am 25. Juli 2015 - ich hatte eine WUNDERVOLLE ZEIT im Bahodir Guesthouse - RAHMAT!! Im Hinergrund einer der Gastgeber.
Immer und immer wieder wurden wir von Staub- und Sandwolken verschluckt. Auf der vom Schweiss nassen Haut klebte der Staub dann wie Paniermehl... Wenn ich noch Sonnenmilch aufgetragen hatte, klebte alles noch viel besser...
Und dann folgten wieder so TRAUMHAFTE ABSCHNITTE... Das war für mich einfach nur GENUSS PUR - diese Landschaften und die Gewissheit, mit jeder Radumdrehung kommt der Pamir näher (sofern er offen und für Touristen zugänglich ist)...
25.07.2015
Mars macht mobil, bei Arbeit, Sport und Spiel...
Da spielt es auch keine Rolle, wenn der Riegel bereits vor über einem Jahr sein Verfalldatum überschritten hatte - hier in Uzbekistan wird er nach wie vor zum vollen Preis verkauft - und spendet nach wie vor ganz schnell ganz vieeeeel Zucker - und macht mobil, auch auf dem Fahrrad...
In der Schweiz käme die Ladenbesitzerin wohl in den Knast, wenn sie solche Marsriegel verkaufen und der Lebensmittelinspektor das feststellen würde...
Aber was lernte ich auf meiner Reise: Froh zu sein bedarf es wenig...
Ist doch ganz praktisch, wenn man sein Bett mit an den Arbeitsplatz nimmt - besonders, wenn es so multifunktional eingesetzt werden kann...
Die Strohballen werden kunst- voll aufgeschichtet. Mir scheint, auf diesen LKWs habe nicht ein weiterer Strohhalm Platz... Auf der Fahrt wurde ich von einem Traktor überholt, der auf der gesamten Höhe seiner Ladung Überbreite hatte und das geladene Heu hat mich dann fast vom Fahrrad "gestreift" - das war nicht so lustig - aber schlussendlich auch kein Problem. Andere Länder - andere Sitten...
Schöner wohnen mit fliessendem Wasser...
Niemand von Euch hat wohl eine sooooo grooooose Badewanne - nicht neidisch werden...!! ;-))
Noch schöner wohnen - auch mit fliessend Wasser...
Passpartu hatte einiges zu leisten auf dem Weg nach Dushanbe... Ich versuche Euch dann noch ein Video raufzuladen, wo man das noch besser sehen kann... "Dem Eisner" seine Schweissnaht hält bisher wirklich, was er versprochen hat...
Keine Bretterbude zu klein, eine mit Leuchtreklame verzierte Raststätte zu sein...
Unterwegs sind solche Restaurants im Fall schlicht und einfach GOLD wert, denn: Froh zu sein bedarf es wenig...
Best Friends?!
Ich durfte mit ihren Drahtautos fahren - die Lenkung funktioniert im Fall richtig gut über den mit einem dünnen Ast verstärkten Draht - die Autos sind wahrliche Kunstwerke!! Wäre ich nicht mit dem Velo unterwegs, ich hätte mir wohl ein solches als Souvenir kaufen wollen... Die beiden Jungs freuten sich, dass ich mich über ihre Autos freute - und ich freute mich, dass ich mit ihren Autos fahren durfte - das Kind im Manne - oder so...
Einheimische unterwegs - wie gesagt, hinter Samarkand wirkte Uzbekistan auf mich recht schnell sehr ärmlich - und auch rückständig...
Baustellensicherung auf uzbekisch...
Die Arbeitskleidung der Handwerker entspricht dem gleich tiefen Niveau - Arbeitssicherheit hat hier offenbar keinen Stellenwert...
Kinder, Wasser und Sand/Erde - und die Freude ist wohl an jedem Platz der Welt GLEICH GROSS - also für die Kinder. Die Mütter ärgern sich wohl ebenso weltweit, wenn die Kids am Abend völlig verdreckt heimkehren...
Am 29. Juli 2015 wollten wir unser Zelt am Flussufer aufstellen. Einheimische haben uns gedeutet, dass sei OK - aber es hätte hier viele Moskitos.
Hm - was nun? Mutig sein und bleiben - oder doch einen anderen Platz suchen? Die Frage beantwortet sich von selbst, da ein Einheimischer uns zu sich nach Hause mitnehmen will. Wir beschliessen, ihm ins nahe gelegene Dorf zu folgen und mal zu schauen, wo wir da landen. Wir schieben unsere Räder hinter ihm her - er telefoniert auf dem ganzen Weg. Wir biegen nach links ab und müssen dann doch plötzlich nach rechts abbiegen. Mir scheint, er kenne den Heimweg nicht. Andreas meint, der suche nun wohl per Telefon einen Ort, wo er uns unterbringen könne. Schlussendlich landen wir in einem Magasin - also einem Dorfladen - wo uns zuerst ein Bier in die Hand gedrückt und Wurst gekauft wird. Dann haben wir uns hinter dem Magasin in eine Art Gartenrestaurant zu setzen - wir sind die einzigen Gäste. Dort sollen wir dann auch schlafen können. Ein schöner Platz!
Doch dann tritt SIE auf den Plan - wenn ich mich richtig erinnere, heisst sie Rabia - es waren so viele Namen an diesem Abend. Sie deutet uns, dass wir mitzukommen hätten in ihr Haus. Dort haben wir Platz zu nehmen auf einer dieser erhöhten Pritschen, auf welchen die Locals seit der Türkei liegen und essen. Und sie steigt in die Küche, während die Männer uns Bier und Mineralwasser und Pepsi offerieren und mit uns zu plaudern versuchen.
Rabia bekocht uns mit Bratkartoffeln und Schaffleisch. Dazu frisches Brot, Tomaten, Zwiebeln - und das in einer sehr grossen Menge - lecker!! - obwohl wir doch schon
vorher in einem Restaurant gegessen hatten. Aber das ist unsern Gastgebern so was von egal. Jetzt wird gegessen und dazu getrunken. Wir zeigen unsere Fotos aus der Schweiz, ein Junge kommt dazu,
der in der Nachbarstadt Denau (auch Grenzort, den wir zu erreichen haben) ein Internat besucht und einzelne Worte/Sätze in Englisch übersetzt. Es wird ein wirklich sehr, sehr schöner Abend -
RAHMAT für diese grandiose und so überraschende Gastfreundschaft...
So sieht es aus, wenn man sein Zelt am Flussufer aufstellen will und eingeladen wird. Links im Bild der Hausherr (Ehemann von Rabia). Er ist LKW-Chauffeur und hat uns am Vortag überholt und erinnert sich daran - 2ter von rechts der Einheimische, welcher uns am Fluss aufgegabelt und in das Haus seiner Freunde gebracht hat. Ein reich gedeckter Tisch, liebe und interessierte Menschen, die uns einfach spontan und vorbehaltlos beherbergen.
Ihr versteht es vielleicht nicht, aber solche Momente treiben mir immer und immer wieder - auch jetzt, wo ich diese Fotos hochlade und diesen Text schreibe - die Tränen in die Augen. Dass ich so viel Gastfreundschaft erleben darf ist immer wieder überwältigend. Und vor allem einfach vorbehaltlose Gastfreundschaft - da muss man in "solche Länder" reisen, die bei uns im Westen einen eher schlechten Ruf haben, um so etwas zu erleben - Angefangen in Serbien - und bisher immer und immer wieder erlebt, dass ich von der Strasse weg eingeladen werde... Wer macht das in der Schweiz - wohl nur wenige, die es im Ausland auch erlebt haben...
Wobei ich von einem pensionierten Belgier in Samarkand erfahren habe, dass er in der Schweiz auch ganz gute Erfahrungen mit der Gastfreundschaft gemacht habe, als er mit dem Velo in der Schweiz unterwegs war - das hat mich sehr gefreut...!!
Wir gehören einen Abend so gut wie zur Familie, auch wenn unsere Gastgeber unter einander auch ihren Abend "feiern" - uns aber integrieren, so gut die Sprachbarriere es halt zulässt. Wie gesagt, wir verbringen einen SEHR schönen Abend mit unseren Gastgebern. Sie sind sehr um unser Wohl besorgt. Der Abend bleibt aber in geordneten Bahnen und eher überraschend für diese Gegend: Es wird kein Vodka angeboten, was mir sehr gut gefällt, denn mit Vodka wird der Abend erfahrungsgemäss immer eher zu feucht-fröhlich..!
Gegen 22 Uhr wird das Essen von der Pritsche geräumt und auf diesen Matten ausgebreitet, auf denen wir dann schlafen dürfen. Wegen der grossen Hitze schläft man auch in Uzbekistan im Freien - der fast Vollmond scheint hell, sehr hell... Der Gastgeber und sein Enkel (?) - die Verwandtschaftsgrade erhellten sich uns nur teilweise - schlafen mit uns auf der Pritsche. Die Frauen schlafen etwas abseits ebenfalls im Hof. Die Uzbeken schlafen übrigens grad in den Kleidern, die sie tagsüber tragen - und stehen auch in diesen Kleidern auf. Das mag nicht so hygienisch sein - aber es ist sicher praktich: Man muss sich am Morgen nicht fragen, was man wohl anziehen soll...
Uns stecken sie, so verschwitzt wir vom Velofahren auch sind, ebenfalls in den Velokleidern unter die Decken, die sie uns offerieren. Ich ziehe trotzdem mein Pyjama an und habe anfangs echt Mühe, so vom Schweiss verklebt zu Bett zu gehen. Die Nacht wird nämlich kühl und ich werde mich zudecken müssen und frage mich, wer wohl in welchem "Verschmutzungsgrad" schon alles auf den mir offerierten Matten gelegen und sich mit den mir offerierten Decken zugedeckt hat - ein kurzer Anflug von Gänsehaut wallt über meinen Körper... Doch wiisst ihr was: Das spielt schlussendlich gar keine Rolle. Ich bin sehr dankbar, im Hof bei dieser Familie schlafen zu können und habe alles problemlos überlebt - denn: Froh zu sein bedarf es wenig...!!
Die Nacht wird unerwartet unruhig. Das ganze Tal ist durchgehend von Hundegebell beschallt, welches sich wie eine Welle von der einen Talseite zur anderen und dann wieder zurück bewegt. Und auf diesem Weg erreicht das Gebell dann auch unseren Hof und die beiden Hunde stimmen lautstark in dieses Gebell ein, bis die Welle weiterzieht und dann wenig später wieder zurück kommt, damit die Hunde unserer Gastgeber wieder in das Gebell und Geheule einstimmen können - und so geht das halt die ganze Nacht über...
Unsere Gastgeber mit der 3jährigen Enkeltochter Sulfia, die ihren Charme schon ganz gut eingesetzt hat... :-))
Ein Gruppenbild zum Abschied...
Die jüngste Enkeltochter unserer Gastgeber in einer traditionellen usbekischen Wiege - inkl. integriertem Topf. Die Wiege wird in einer für mich erstaunlich hohen Kadenz bewegt - das Bebe ist ja auch entsprechend "angeschnallt"...
Wir stehen um 06.00 Uhr auf und bekommen nochmals das gleiche Gericht zum Frühstück, welches uns zum Abendessen serviert wurde. Der Englisch sprechende Junge (links im Bild) begleitet uns dann auf seinem Fahrrad zurück zur Hauptstrasse Richtung Denau. Unterwegs gesellt sich noch ein Kollege von ihm dazu. Hoffentlich können die beiden Jungs ihr Potential entfalten und sich in Uzbekistan eine gute Zukunft aufbauen. Denn: Der Enkel unserers Gastgebers hat auf mich einen wirklich cleveren Eindruck gemacht!!
Wir erreichen und übernachten in Uzun ca. 20 km vor der Grenze zu Tajikistan nochmals in einem Hotel, damit wir die letzte notwendige Registration kriegen.
Dann rollen wir also am 31. Juli 2015 der Grenze entgegen, die wir problemlos erreichen.
Am Zugang zum Grenzgeländer auf Seite Uzbekistan wird von einem mit einem Gewehr bewaffneten Grenzer unser Pass kontrolliert und er will auch die Hotelregistrationen sehen. Alles kein Problem. Wir werden durchgelassen und dürfen das Gebäude der Zollkontrolle betreten wo wir sogleich von einem Zöllner entdeckt und mit dem notwendigen Formular in Englisch ausgerüstet werden, welches wir sorgfältig ausfüllen. Ich habe zu viel Dollar dabei, da ich meinen Notgroschen in Samarkand aufgestockt habe. Obwohl ich für diese Dollar eine Bankquittung habe scheint es nicht zulässig, dass ich mehr Dollar ausführe, als ich eingeführt habe. Somit habe ich die Dollar halt mal in der Innentasche meines Veloshirts gut versteckt und da auch den Notgroschen, den mir mein Freund Osch mit auf die Reise gegeben hat, versteckt. Ich habe also den Plan, Geld über die Grenze zu schmuggeln... Ei, ei, ei...
Der Zöllner, welcher uns das Formular gebracht hat, scheint recht hilfsbereit. Er winkt uns dann auch sofort zu sich, als wir das Formular fertig ausgefüllt haben. Doch dann, ja dann zeigt er sein wahres Gesicht: Wir müssen unser ganzes Gepäck auf je einem Tisch ausbereiten. Er erklärt uns in holpprigem Englisch, dass er nun alles checken wolle. Ich nehme das noch nicht so dramatisch auf, denke, dem verleide das dann schon. Aber da habe ich die Rechnung ohne den Zöllner gemacht. Der will wirklich A L L E S sehen - und unter A L L E S ist wirklich A L L E S zu verstehen....
Er öffnet jeden Packsack, jeden Reisverschluss, schüttet alles lieblos und unvorsichtig auf den Tisch, veranstaltet ein riesiges Chaos und weiss bei jedem zweiten Gegenstand nicht, was es ist und ich muss es ihm erklären - könnte ihm wohl erzählen, was ich will - bleibe aber soweit möglich ehrlich...
Es ist alles so mühsam und peinlich und trieft vor Arroganz. Dann kommt meine Apotheke an die Reihe. Er ist ganz scharf darauf, die Medis zu prüfen und fragt mich, ob ich Opiate dabei hätte. Hm - meine starken Schmerztropfen gehören wohl in diese Kategorie - trotzdem verneine ich. Als er die Schmerztropfen in den Händen hat erkläre ich ihm, diese seien gegen Magenbeschwerden (stimmt ja auch, wen ich starke Magenschmerzen haben sollte...). Die antibiotisch Hautsalbe verkaufe ich ihm als Sonnenmilch, das Breitbandantibiotika als Durchfallmittel, da ich davon drei Pack dabei habe... Er kennt einzig Immodium und Dafalgan. Dann drängt er mich mit "dawei, dawei!!" - also "mach vorwärts" - meine Sachen schneller als mir möglich wieder einzupacken. Da werde ich säuerlich und sage zu ihm auf Schweizerdeutsch "Dawei, dawei - DU willst ja alles sehen und machst so ein .... Chaos". Er versteht mich nicht, merkt aber klar, dass ich mit ihm nicht einer Meinung bin und fragt mich, was los sei - hm, ich muss mich beherrschen, räume sorgfältig ein. Dann kommt die nächste Tasche an die Reihe und da findet er problemlos meinen USB Stick, meine SD-Karten zum Fotoapparat und die will er dann separat checken. Mein MacBook nimmt er schon mal aus der Schutzhülle und will es anschalten, was ich ihm verbiete. Ich erkläre ihm, ICH würde es ihm zeigen. Das respektiert er unerwartet.
Dann noch die Lenkertasche - da findet er den Ipod, den er auch prüfen will. Will der sich etwa meinen Ohrhörer in seine Ohren stöpseln. NEIN, das lasse ich nicht zu..!
Dann stösst er auf meine Seelenbox. Und die überfordert ihn definitiv, absolut und vollständige, denn...: Zuoberst liegt eine Postkarte, welche mir ein lieber Freund gebastelt hat, der in diesem Zusammenhang namentlich nicht erwähnt werden möchte. Die Postkarte ist eine Mutmacherkarte für meine Reise mit vielen guten Wünschen meines Freundes. Die Bilder auf der Karte sind am Open Air von Andrea Berg im Sommer 2014 entstanden, welches der namtlich nicht erwähnt sein wollende Freund und ich gemeinsam besucht haben. Auf einem Bild ist Andrea Berg in ihrem Glitzerkleidchen und den Glitzerhigheels auf der Bühne mit viel Sicht auf ihre langen Beine zu sehen und auf dem anderen Bild sieht man mich, der vom Bühnenbild verzückt in die Welt hinausschaut... Der Zöllner fragt mich konsterniert "Was ist das?" Ich erkläre ihm, das sei eine Postkarte mit guten Wünschen für meine Reise. Wahrscheinlich hat er noch kaum je eine so knapp bekleidete Frau in der Öffentlichkeit gesehen, tragen die Uzbekinnen doch knöchellange Hosen und darüber einen Rock bis mindestens deutlich über die Knie. Und Frau Berg steht da in ihrem engen Glitzerkleidchen auf Stöckelschuhen - was für ein Kontrast, in seinen Augen steht Frau Berg wohl halb nackt auf der Bühne - bestaunt von Zehntausenden, was auf dem einen Bild sehr gut zu sehen ist... Was führen wir wohl in seinen Augen für ein abstruses Leben im freien Westen... Kein Wunder heisst es "Der wilde Westen"...
Und weshalb führt eine Veloreisender eine solche Postkarte mit sich? Das ist doch ÄUSSERST SUSPEKT. Nur: Ich führe die Karte nicht wegen Frau Berg mit - ich führe sie wegen dem Mutmachertext von meinem lieben Freund auf der Rückseite mit. Der Zöllner hat unternull Verständnis dafür und ich fürchte schon, er beschlagnahme diese Karte als "Sex- oder Pornobild". Er schüttelt den Kopf über seine Begegnung mit Andrea Berg - ich amüsiere mich innerlich - er durchwühlt meine Seelenbox weiter. Dort findet er auch die beiden Abschiedsgeschenke vom Nepalthesi und ka, die ich noch immer verpackt mit mir führe und erst öffnen will, wenn ich wirklich mal Krise schieben sollte. Doch auch dafür hat der Zöllner kein Verständnis und reist die Geschenksverpackung lieblos, ja rüppelhaft auf - das schmerzt mich sehr. Dass darin "nur" für ihn nicht nachvollziehbare Glücksbringer sind, überfordert und enttäuscht ihn erneut. Dass er noch einen Reisewichtel und einen kleinen, alten Teddybären und eine kleine Kartonschachtel mit einem mir sehr wichtigen Puzzle in der Seelenbox findet, gibt ihm fast den Gong - definitiv überfordert und auch enttäuscht ist er, als er ein Armbändchen findet, welches ich auf dem Bazar in Istanbul gekauft habe, welches sich definitiv nicht als "Jewelry!" entpuppt, wie er dieses zuerst bezeichnet - NEIN, mein Junge, ich schmuggle nichts (ausser Dollars, die Du zuerst finden musst...) - er schiebt die Seelbenbox zur Seite und "dawei, dawei" geht es weiter...
Schlussendlich will er nun also mein MacBook prüfen und und die SD-Karten und meine Kamera - wiederholt erkundigt er sich, ob ich Sex- oder Pronobilder mitführen würde. Er ist für die Prüfung meiner SD-Karten auf meinen Kartenleser angewiesen - stellt Euch das mal vor: Da will der Typ also Speicherkarten prüfen, verfügt dazu aber offenbar nicht über das notwenidge Werkzeug. So was von peinlich - an seiner Stelle würde ich mich in dieser Situation nicht so arrogant aufführen. Er kann die Karte nicht mal richtig in den Kartenleser stecken, was mir ganz sympa ist, so kann ich das selber machen. Die erste Karte ist enttäuschend für ihn, da auf dieser nur für ihn uninteressante Fotos sind. Er zieht den Kartenleser einfach aus dem MacBook und will die nächste Karte reinstecken. Ich interveniere, dass er das gefälligst mir überlassen soll und ich den Kartenleser vom MacBook korrekt abmelden wolle, bevor er entfernt werde - sonst gehen nämlich allenfalls Daten verloren. Wir prüfen noch eine SD-Karte - auch da nicht die von ihm wohl gesuchen oder erwarteten Sex- oder Pornobilder... Auch keine Staatsgeheimnisse von Uzbekistan... Plötzlich meint er, die Kontrolle sei abgeschlossen und ich solle nun gehen und zwar "dawei, dabei!!!". Er schickt mich zum Ausreisehäuschen. Ich muss ihm zuerst noch sagen, dass ich dazu gerne meinen Pass wieder haben möchte, den ich dann auch bekomme. Und dann fragt er mich was ich denn in den Rückentaschen meines Veloshirts mitführen würde - O WEIA - DA SIND DOCH DIE DOLLARS... Ich zücke, mein Velohandschuhe, meine Sonnebrille und mein Kopftuch hervor welche ich bewusst in diesen Taschen deponiert habe, um was vorzeigen zu können, falls ich gefragt werde - und erkläre, das sei alles und ziehe auch die Innenseite der Taschen meiner Velohosen heraus, damit er sieht, dass die Taschen leer sind... Dann schickt er mich definitiv weg. Dumm gelaufen für ihn - er hat mich wohl über eine Stunde gecheckt und nix verbotenes gefunden - das muss ein Frust sein. Ich mache mich "dawei, dawei" auf zum Ausreisehäuschen, wo meine Hotelregistrationen nochmals eher oberflächlich kontrolliert werden und der Ausreisestempel in den Pass gedrückt wird - und ich bin aus Uzbekistan ausgereist... Ich warte auf Andreas, der eine gefühlte knappe halbe Stunde später auch kommt. Offenbar hat sich zum jungen engagierten Zöllner, der mich gefiltzt hat, noch ein älterer, erfahrener Zöllner gesellt, der dem jungen etwas seine Eigendynamik gebrochen hat...
Wir passieren nochmals ein Häuschen und warten vor einer Barriere bis einer der beiden auf einer Sitzbank mit ihrem Handy spielenden Zöllner die Barriere für die Durchfahrt öffnen mögen. Sie ignorieren uns gekonnt - dann kommt ein dritter Zöllner dazu und meint, wir häten unsere Räder über die Treppenstufen zu tragen, was wir verweigern und ihm deuten, die Räder seien dafür viel zu schwer... Dann kriegt doch noch einer der beiden Jungs seinen Hintern hoch, unterbricht die Spielerei mit dem Handy und öffnet uns grosszügig die Barriere - danke...
Die Einreise nach Tajikistan verläuft dann problemlos, die Zöllner wollen nicht eine einzige Tasche sehen. Wir haben einzig ein Formular auszufüllen, erhalten unseren Einreisestempel, unsere Daten werden in einem dicken Buch erfasst, das mitgeführte Geld müssen wir nur mündlich angeben und fertig ist die Einreise - sind wir mal auf die Ausreise gespannt...
Die Tajiken können uns ja problemlos unkontrolliert einreisen lassen - die Uzbeken prüfen ja bei der Ausreise alles sorgfältigstens... Eine Grenzerfahrung mehr - und der Zöllner hat Frau Berg getroffen und einen - halt etwas einseitigen - Einblick in das westliche Leben gekriegt und viele meiner Fotos auf dem MacBook gesehen aus Sri Lanka, Indien, Iran... - und damit einen Teil der Welt, die er wohl nie wird selber bereisen können/dürfen... Was sind wir in der Schweiz doch privilegiert...!!!
Tajikistan empfängt uns dann mit einem leckeren Mittagessen, welches 55 Somoni kostet oder Fr. rund 4 Euro pro Person kostet. Kostete in Uzbekistan alles "Tausende" kommt man hier mit "Zehnern" wieder recht weit...
JA, das Leben in diesen Ländern ist für CH-Verhältnisse billig. Doch von meinem nicht gebrauchten Tagesbudget muss ich ja auch Geld auf die Seite legen, da ich in Bishkek oder Almaty stranden werde und dann einen (teuren?) Fllug nach HongKong oder Taiwan brauche - oder doch nach Japan - alles ist offen... Also muss ich auch (versuchen) in Billigländern gut einzuteilen und sparsam zu leben...!
Auf der Fahrt in Richtung Dushanbe macht Tajikistan auf mich einen zwar sovjetischen Eindruck - aber dennoch einen stärker entwickelten Eindruck als Uzbekistan hinterlassen hat. Das Land wirkt auf dem Weg nach Dushanbe entwickelter - bis zur Einfahrt in die Hauptstadt treffen wir kein einziges Schlagloch - was für ein FEST!! Die Strasse in der Stadt ist dann wieder unerwartet schlecht.
Wir kriegen im Hostel die letzten beiden Betten - die Reservation läuft ja erst ab 01. August 2015...
DUSHANBE - ein weiterer magischer Ort auf meiner Reise. Die Stadt wirkt recht sovjetisch auf mcih - ich werde hier nicht länger bleiben, als ich muss - ich werde mich am Dienstag 04. August 2015 auf den Weg zum Pamir machen. Er ist OFFEN - WIR HABEN HEUTE DAS PERMIT BEANTRAGT UND KÖNNEN ES AM MONTAG, 03. AUGUST 2015 ABHOLEN - JUDIHUI UND TRALLALA!!!
Ihr seht: Ich bin nach wie vor gut, glücklich und gesund unterwegs - und werde von meinen Lieben daheim nach wie vor sorgfältig und liebevoll getragen, was mir unterwegs sehr gut tut und mir das
Reisen massiv erleichtert - denn reisen ist kein Urlaub. Reisen macht viel Arbeit - aber noch viel mehr Spass und Freude und prägt und bereichert mich ungemein!
Die Temperaturen hier in Dushanbe sind angenehm - nur um die 36 Grad - fast eher kühl...
Liebe Grüsse in die Welt hinaus
Patrik Kirtap
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ka. (Samstag, 01 August 2015 13:36)
Lieber Patrik. Was du alles erlebst , unglaublich.
Nach wie vor ein grosses Kompliment für deinen Mut....du machsches eifach suuuper....
Pamir......Mth brachte mir ein schwarzes Wollschäfli vom Pamir ...für mich eine Kostbarkeit .
Ich wünsch dir immer wieder viel Glück auf deinem Weg.
Reise in Gedanken täglich mit.
Herzlich. ka.
mariann peter (Samstag, 01 August 2015 17:41)
lieber patrik
wunderbar deine bilder, die kinder und dazwischen dein lächlen. ja du hast es gut - das ist sichtbar zu erkennen auf deinen traumhaften fotos. gut , dass du frau berg nicht zurücklassen musstest bei diesem etwas ungehobeltem zöllner. was wäre das leben ohne sie:-) ich wünsche dir weiterhin menschen die dich so liebevoll aufnehmen und dir mit ihren kostbarkeiten und gelungenen arbeitsmethoden (bettsieb) zeigen, wie der alltag in anderen ländern zu leben ist. herzlich mariann
Gaby (Sonntag, 02 August 2015 22:18)
Liebes Bruderherz
Danke für deinen langen, nicht nur durch die schönen Fotos farbigen und eindrücklichen Bericht! Wenn Frau Berg wüsste, was für eine lange Reise sie da schon gemacht hat und mit welcher Ausdauer sie unter anderem lange Busfahrnächte durchgesungen hat - es müsste ihr eine Ehre sein! Und wenn ich Rabias Küche sehe, dann schäme ich mich, heute gesagt zu haben, mir so ganz eigentlich einen grösseren Kühlschrank zu wünschen. Wir sind aus der Ferne bei dir und begleiten dich jeden Tag in Gedanken. Nun kommt mit dem Pamir eines der Herzstücke deiner Reise, ich habe grössten Respekt vor dir, dass du diese Fahrt in Angriff nimmst und wünsche dir von ganzem Herzen, dass es dir möglich sein wird, die langersehnte Route zu fahren. Mögen auch dort Menschen sein, die dir Einblick in ihre Welt geben möchten. Alles Liebe von uns! Gaby
Helena (Dienstag, 04 August 2015 20:30)
Hi Patrik, war längere Zeit nicht mehr auf der Webseite, auch wegen meinen Ferien. Es ist aber immer sehr interessant was du alles Erlebst hat und was/wie du schreibst, sehr lustig. Weiterhin ganz viel Mut, Freude und Spass bei deiner Velotour.
Sei lieb gegrüsst
Helena