MEIN WEG NACH VARANASI TEIL 2

Liebe Alle

 

Ich bin in der ältesten und heiligsten Stadt Indiens angekommen! Die Reise dahin war für mich auf indischer Seite fast so etwas, wie meine Reise über den Pamir. Zwar alles Flachland aber dennoch äusserst anstrengend – einfach in einer ganz anderen Art und Weise...

 

Donnerstag, 03. Dezember 2015

Nachdem man mir im Hotel in Dohrighat gesagt hat, es gäbe in Ghazipur das gleiche Hotel, habe ich entschieden, heute bis Ghazipur zu fahren. So um die 90 Km habe ich also hingelegt. Körperlich nicht anstrengend, da eben alles auf  flacher Strecke – einzig mein aller treuester Begleiter hat mich manchmal etwas gefordert, der Gegenwind...

Unterwegs habe ich dann auch heute gestaunt, was in Indien alles auf der Strasse anzutreffen ist – eben wirklich alles, was min. ein Bein oder ein Rad hat. Und ich denke manchmal, ich hätte ein Rad ab, dass ich hier velöle...! Dies alles alleine zu meistern fordert mich mehr, als ich erwartet habe - prägt mich aber wohl auch im Sinne: Ich kann, weil ich will, was ich muss...

Der Verkehr ist zum Teil über weite Strecken ausserordentlich dicht – und dann plötzlich, ohne dass ich eine Verzweigung passiert habe, KEIN Verkehr mehr – das sind Momente des Glücks, des Durchatmens für mich. Ruhe! Kein Gehupe! Keine Motorradfahrer, die ganz eng neben mir fahren und ihre Standardfloskeln in Englisch abfragen: What’s your Name? What’s your Country? ...

Ich mag diese Motorradfahrer nicht, die so dicht auffahren. Sie schränken mir meinen Manövrierspielraum zu sehr ein. In Usbekistan bin ich ja so mal zu Fall gekommen. Aber wie man indische Motorradfahrer „verscheuchen“ kann, habe ich noch nicht herausgefunden... Sie sind unbeirrbar...

Als ich dann am Strassenrand „mal muss“ und das so mache, wie indische Männer das eben machen (sie stellen sich - wie wohl überall auf der Welt... - mit dem Rücken zur Fahrbahn und „tun, was sie müssen“) halten hinter mir zwei Motorräder – auf jedem sitzen je drei junge Männer und schauen mir mit grossen Augen zu, wie ich „muss“ – OK sie sehen nur meine Rückseite – trotzdem! Hallo – alles OK bei Euch? Jungs, es funktioniert wie bei Euch und sieht wohl auch nicht anders aus – was soll das?? Ich bin etwas im Stress, weil ich Passpartu und meine Kamera in der Lenkertasche nicht aus den Augen verlieren will und meine Vorderseite nicht präsentieren will – ich übe mich also in Verränkungen – oder Yoga?! Die sechs Männer sagen kein Wort  - als ich sie nach Abschluss meines Geschäftes anspreche, schweigen sie mich an – geben Gas und rollen davon. Nicht nachvollziehbar für mich. Es gibt auch die Motorradfahrer, die einfach schweigend neben mir herfahren – weit aufgerissene Augen, weit aufgerissene Mäuler... Und ja, tausendfach werde ich darauf hingewiesen, dass Passpartu Licht hat. Auch das kann mit der Zeit nervig werden – und ich muss über mich selber staunen, dass ich das nicht einfach ignorieren kann und automatisch jedem zunicke, der micht auf das Licht aufmerksam macht und ihm so zu erklären versuche, dass ich weiss, dass Passpartu Licht hat... Ich muss noch lernen in Indien...  Sehr viel lernen...

Ghazipur erreiche ich soweit problemlos – in Indien ist eh alles NO PROBLEM! - jedenfalls für die Einheimischen...

Und wie mir im Hotel der letzten Nacht beschrieben wurde, finde ich Ausgangs Ghazipur das genau gleiche Hotel wie in Dohrighat. Da hat der Architekt die gleichen Baupläne doppelt verkaufen können. Lustig. Völlig identisch. Nicht identisch hingegen der Empfang. Wurde ich gestern freundlich empfangen und hat mir der Manager – auch wenn er in seinen alten Kleidern nicht als solcher erkennbar war – noch geholfen mein Gepäck aufs Zimmer zu tragen, werde ich hier gemustert und mir wird erklärt „No Room!“. Man will mir kein Zimmer vermieten. Das Hotel scheint mir jedoch nicht so frequentiert, dass wirklich alles ausgebucht ist...

Ich versuche meine Situation zu schildern, dass ich nicht weiterfahren könne, zumal zwischen hier und dem 70 km entfernten Varanasi keine Hotels mehr kommen sollen. Das kümmert hier niemanden. Meine Frage, ob ich mein Zelt aufstellen und im Zelt schlafen könne, wird nicht beantwortet – ich werde nämlich in einer Kaltschnäuzigkeit ignoriert, wie ich es bisher erst in Indien erlebt habe. Hm – also zurück nach Ghazipur ins Zentrum – da steht ein nobler Hotelschuppen – wird wohl ne teure Nacht aber wild campen ist in Indien nicht angezeigt...

Im Hotelschuppen langweilen sich zwei Männer hinter der Reception. Der ältere der beiden begrüsst mich und bestätigt, dass sie Zimmer frei hätten – der jüngere interveniert und macht mir klar „NO ROOM!“. Und keiner der beiden ist mehr bereit, mich auch nur mit ihrem Allerwertesten anzuschauen – ich bin Luft für sie. Immerhin beantwortet mir dann der jüngere meine Frage, ob es noch ein anderes Hotel habe mit „7 km“ – OK DANKE für diese wertvolle Information! 7 km in welcher Richtung? Das beantwortet er mir nicht... Ich muss mich sehr bemühen, meine Fassung nicht zu verlieren und verlasse erhobenen Hauptes das Hotel – bin doch nicht auf Euch angewiesen, wäre ja noch schöner... In Tat und Wahrheit wäre ich aber schon auf die zwei Typen angewiesen gewesen... Hm – was nun – ich rolle mal Richtung Varanasi denn vor Ghazipur habe ich kein Hotel gesehen – wenn eines kommt, dann höchstens auf dem Weg nach Varanasi – es dunkelt ein – Mist...

Bei einem Restaurant frage ich, ob ich im wunderbaren Innenhof für eine Nacht zelten dürfe. NEIN!

4 Kilometer später, beim nächsten Restaurant frage ich auch. Da erklärt man mir, sie würden derzeit grad Zimmer bauen – ich soll in 6 Monaten wieder kommen.  Danke! Zelten auch hier nicht erwünscht!

Verärgert über Indien und zunehmend nervlich erschöpft erreiche ich ein nächstes Restaurant mit „Garten“ und frage da auch nach – irgendwo muss es doch jemanden geben, der jemanden kennt, der weiss, wer mir hilft – das hat bisher immer funktioniert – also nicht müde werden, dem Glück immer wieder leise, wie einem Vogel, den Finger hinhalten – Hilde Domin kommt mir in den Sinn... Und je mehr Leute ich frage, je höher wird meine Chance, dass mir jemand helfen kann...

Und siehe da! Meine Theorie bewahrheitet sich. Im Restaurant sitzt ein Gast, der sehr gut Englisch spricht. Er fragt mich über meine Reise aus. Unter anderem will er wissen, ob ich an Gott glaube und welche Botschaft ich der Welt mit meiner Reise geben wolle. Huch – grosse Fragen, die ich zu beantworten habe. Nun etwas lenkt und führt mich – ich nannte es in der Vergangenheit „das Übergeordnete“ – ich kann ihm also bestätigen, dass mich etwas lenkt, führt auf meiner Reise. Das stimmt ihn noch freundlicher. Dass ich zu klein sei, um eine Message für die ganze Welt zu haben, aber eine solche für meine Blogleser hätte: Geht in die Welt, sie ist besser, als wir denken – auch wenn wir für diese Erkenntnis unsere Komfortzone immer mal wieder verlassen müssen! Auch das stimmt ihn freundlich. Er fängt an zu diskutieren mit dem Personal – es wird telefoniert und 10 Minuten später ist klar: Ich darf mein Zelt hier aufstellen. Nun aber essen und Tee trinken und erzählen und und und – und plötzlich steht er auf und weg ist er. Zwei seiner Freunde sind noch da. Die 15jährige Tochter des einen Freundes erzählt mir in perfektem Englisch und einem für eine junge Frau ihres Alters sehr aufgesetzt wirkenden Wortschatz, dass Indien ein Land voller Probleme sei. Viele ungebildete Menschen, die zum Teil nicht mal Englisch sprechen würden, ihre Zukunft ausserhalb Indiens liege - in Dubai oder Europa oder USA, sie eine Privatschule besuche und dass ihre Familie und sie es sehr traurig finden würden, dass ich in Indien so behandelt worden sei, Indien kaum in der Lage sei, alle Einwohner zu ernähren, es daher sinnlos sei, dass jede Familie mindestens zwei Kinder habe etc. - und ohne Kinder doch die Zukunft der Eltern nicht gesichert sei, da hätten wir in Europa bessere Systeme etc. etc. - ich staune über diese junge Frau!!

Dann noch Fotos – die Inder sind sehr Selfie versessen... – und weg sind auch sie.

Ich rufe meinen Pa an, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren und freue mich, dass ich dieses Gespräch in bester Qualität mit der lokalen SIM-Karte führen kann – für Fr. 3.35 statt knapp Fr. 62.00 die ich mit der CH-SIM-Karte hätte bezahlen müssen...

Dann stelle ich mein Zelt auf – umringt von den Bauarbeitern, welche hier auch an einem Neubau arbeiten. Sie staunen, was ich alles aus meiner Tasche zaubere – ja ich habe wohl mehr dabei, als sie besitzen... Und daheim habe ich noch einen ganzen Bastelraum voller Hausrat...

Nachdem meint Zelt steht und sie sich vom Schmutz der Arbeit im „Badezimmer“ gewaschen und den Heimweg angetreten haben, wasche auch ich mich im „Badezimmer“. Das ist ein Wasserhahn mit kaltem Wasser, einem Eimer und einer aufgeschnittenen PET-Falsche, die als Schöpfbecher dient. Das Badezimmer ist hinter Mauern ohne Türen und ohne Decke eingerichtet. Wie ich mich also wasche – dazu trage ich, wie immer in solchen Situationen, meine Unterhosen – stehen sie plötzlich wieder da, die Bauarbeiter und bestaunen mich, wie ich mich wasche – Jungs, ein Westler wäscht sich gleich wie Ihr – es gibt nix zu sehen – aber sie blebien stehen – staunen... Ich komme mir in Indien immer mal wieder vor, wie im Zoo... Es stellt sich einfach auch immer wieder die Frage, wer auf welcher Seite des Käfigs steht...

Nach einem Nachtessen mit dem jungen Besitzer des Restaurants gehe ich früh schlafen - oder versuche wenigstens, zu schlafen – schiebe etwas Krise – weiss nicht, ob ich es schaffe, weiterhin alleine durch Indien zu radeln. Vor vier Jahren, als ich als Backpacker in Indien unterwegs war, war alles viel einfacher - nicht einfach, aber einfacher... Damals musste ich nur zu meinem Rucksack schauen – nun habe ich fünf Taschen und ein Fahrrad und wenn ich den Zug oder Bus nehmen will, mindestens 100 Hände zu wenig, um alles zu handeln... HILFE! Ich ertappe mich dabei, wie ich Fluchtpläne schmiede, um Indien zu verlassen – soll ich Myanmar überspringen? Würde ich das später nicht bereuen? Ein kurzer WhatsApp-Chat mit meinem Gschbusi tut gut...!

 

Freitag, 04. Oktober 2015

Ich habe erstaunlich gut geschlafen, nachdem ich verschiedene Fluchtpläne geschmiedet habe...

Entschieden ist, dass ich nach Varanasi radle. Geschehe was wolle! Ich will Varanasi mit dem Velo erreichen!!

Eine Variante ist, von da wieder nach Nepal zu radeln – ich habe ja noch Visazeit in Nepal übrig – und von Kathmandu aus nach Thailand zu fliegen...

Eine Variante ist, in Varanasi den Zug an die Ostgrenze von Indien zu nehmen und mit Karin und Fritz Myanmar zu fahren...

Eine Variante ist, in Varansi den Flieger nach Bangkok zu nehmen – es gibt Direktflüge... Dann wäre ich früher als erwartet in Thailand und hätte sehr viel Restzeit zu planen... Ein Luxusproblem...

Ich werde in Varanasi entscheiden!

Mein Zelt ist vom Morgentau klatschnass – so möchte ich es nicht einpacken, zumal es in dieser Nässe im Dreck, in welchem es steht, brutal schmutzig würde, wenn ich es einrollen muss... Also zuerst mal Frühstück und die Abfahrt um eine Stunde verschieben, auch wenn der Besitzer des Restaurants mich gebeten hat, heute Morgen FRÜH zu starten – es war ihm nicht so wohl, mich im Garten zu wissen... Dennoch frage ich ihn, ob ich in ca. 1 Woche nochmals bei ihm übernachten dürfte, wenn ich nach Kathmandu zurückradeln würde. Er willigt spontan ein. DANKE!

Gegen 09.00 Uhr radle ich los. Zwei Männer wollen mich unbedingt mit ihrem Transportautöli nach Varanasi bringen. Sie wollen 500 Rupees dafür. Der Wirt lacht sie aus und erklärt, mehr als 200 Rupees sei dieser Transport nicht wert und sagt mir, ich könnte ihn auch für 100 kriegen. Ich will aber selber fahren, was sie nicht verstehen!

Dann bin ich wieder auf der Strasse und es dauert keine fünf Minuten, bis der erste Motorradfahrer neben mir fährt und mit mir den Standarddialog führt  - den ich für mich überraschend genervt und auch unfreundlich führe, was dann wiederum ein schlechtes Gewissen auslöst. Aber es war schon nicht so gescheit, auf die Frage nach meinem Namen mit „Mickey Mouse“ zu antworten – doch irritiert hat das den Inder nicht...

Unterwegs trinke ich immer mal wieder an einer der munzig kleinen Teeküchen einen Milchtee – unheimlich süss – aber lecker. Ich bin wohl einer der ganz wenigen ausländischen Touristen, welche in solchen Shops auf dieser Strecke Halt machen und immer gleich DIE ATTRAKTION – werde bestaunt. Ich habe heute in die Runde der mich bestaunenden Männer ganz plötzlich „Wuff“ gerufen – bin über mich selber erschrocken – sie haben null Reaktion gezeigt – denken nun wohl, Touristen wären komische Wesen...

Dann erreiche ich Varanasi – also die Einfahrt zu dieser Stadt...

Ein Toyota Lexus hält an und der Fahrer fragt in perfektem Englisch, woher ich käme, wohin ich wolle etc. Er will mich in ein Homestay gleich am Stadtrand bringen. Da will ich nicht hin – ich will in die Altstadt und wünsche mir, im gleichen Guesthouse zu wohnen, wo ich schon vor 4 Jahren wohnte... Das erkläre ich ihm und er fragt, ob ich mein GPS gut programmiert hätte. Ich erkläre ihm, dass ich ohne GPS unterwegs sei. Da fängt er an zu lachen und meint, ich sei verrückt, ohne GPS in Indien unterwegs zu sein und dann noch ohne GPS durch Varanasi fahren zu wollen – er wünsche mir viel Glück... DANKE, das kann ich sicher brauchen!

Tja, nur wenige Meter später realisiere ich, was er meinte. Ich wusste, dass es in der Neustadt von Varanasi CHAOTISCH zu und her geht – ich war ja schon mal da... Aber ich erlebe dieses Chaos zum ersten Mal als Velofahrer und nicht als Fahrgast eines der vielen Fahrzeuge hier... Das sind zwei Paar Schuhe, sage ich Euch!!!

Ich finde niemanden, der mir auf Englisch den Weg erklären könnte – doch dann ein Mann, der mir in sehr bescheidenem Englisch erklärt, ich müsse nun 7 Kilometer geradeaus fahren, über die Bahnlinie, dann rechts und im Kreisel links und dann wieder fragen... Was bleibt mir übrig, als ihm zu glauben? Ich verfluche mich, ohne GPS auf diese Reise gestartet zu sein... Wie konnte ich auf die Idee kommen, mit dem Fahrrad nach Indien und dann noch nach Varanasi zu kommen – wobei der Verkehr in anderen indischen Städten noch viel schlimmer ist... Die Bahnlinie kommt – die Schranke ist zu – das gleiche Drama wie bei jedem Bahnübergang, nachdem sie sich öffnet. Zuvor werde ich aber von 3 Halbwüchsigen dumm und fast beängstigend angemacht, weil ich kein Hindi spreche – hier sei Hindistan – Englisch habe hier nichts zu suchen erklärt mir der Wortführer in ganz schlechtem Englisch (he ja, wenn English hier nichts zu suchen hat, kann er es ja auch nicht sprechen – logisch!) – hoppla!! – sie wollen wissen, was Passpartu kostet und fragen „how much price this?“ und zeigen auf Passpartu... – wollen meine Lenkertasche öffnen - wundern sich, dass ich das nicht zulasse - ich ärgere mich, dass junge Leute hier ein solches Auftreten haben – bedaure, dass sie einen so eingeschränkten Bezugsrahmen haben, den sie sich wohl Zeit ihres Lebens nie richtig werden erweitern können – dass es für sie normal ist, dass mir ein bettlender Junge meine schmutzigen Veloschuhe küsst, um etwas Geld von mir zu bekommen, das er trotzdem nicht bekommt, während sie hier so ein machoides Auftreten an den Tag legen – und sie sich so „militant“ aufführen - das macht sie als Erwachsene vielleicht auch mal wirklich gefährlich... – sie werden kaum zur Entwicklung ihres Landes im Sinne meines Bezugsrahmens beitragen können – wieso auch – Entwicklung bedeutet Veränderung – und Veränderung würde bedeuten, dass sie ihr eingespurtes Leben überdenken müssten - wegen mangelnder Bildung der Entwicklung vielleicht auch nicht folgen könnten und es so besser für sie zu sein scheint, wenn alles bleibt, wie es seit Generationen ist... – ich bin grad mal wieder ungerecht, ich weiss - und doch... - gefährlich war die Situation für mich nicht, ich war umzingelt von vielen Leuten – doch unangenehm war es schon! - ich zweige rechts ab, nachdem es auch mir gelungen ist, das Chaos auf dem Bahnübergang zu durchqueren, der Kreisel kommt, ich zweige links ab -  und: Weiss nicht weiter...

Ein Polizist mit Funkgerät, Handy und Gewehr ist wenig hilfreich, aber Ganga für Ganges scheinen wir beide zu verstehen und er meint, ich solle nun geradeaus fahren. OK, das mache ich - ich habe null räumliche Orientierung in dieser grossen Stadt - dann kommt ein Wegweiser zum Bahnhof  - ich beschliesse diesem zu folgen und dort eine Rikscha anzuheuern, welche mir vorausfahren soll. Doch ich muss gar nicht bis zum Bahnhof – ich finde vorher einen Rikschafahrer, der genügend Englisch spricht, um mich zum Main Ghat – dem Hauptzugangsort zum Ganges zu bringen - dem Ort, den ich suche...

Er fährt mir durch den Stadtverkehr voraus. Es ist kein Problem, die Geschwindigkeit zu halten, die er anschlägt – denn es geht höchstens im Schritttempo voran, vorbei an Kühen, die auf der Strasse liegen etc. etc. Das Problem ist vielmehr, hinter ihm bleiben zu können, ohne dass sich andere Verkehrsteilnehmer zwischen uns drängen. Er amüsiert sich prächtig, mich durch die Stadt lotsen zu dürfen, schaut immer wieder zurück, lacht mir zu, versichert sich, dass ich noch da bin – wohl auch, weil er die 100 Rupees will, die ich ihm für seine Dienstleistung bei Ankunft zu bezahlen habe...

Der Stadtverkehr ist unglaublich – die Motorradfahrer kennen nichts, sie schupsen mich hin und her, drängen sich vorbei - da hilft nur, sich ebenso rüppelhaft zu verhalten und sich ihnen in den Weg zu stellen und ihr verbalen Interventionen so zu ignorieren, wie ich auch ignoriert werde... Ein sehr anständiger Herr fährt neben mich, spricht mich an und ist froh, dass der Rikschafahrer mich lotst – andererseits wäre ich wohl verloren, meint er – ja, so fühlte ich mich auch... Wir erreichen den Ort, wo es zum Ganges geht. Ich bin erleichtert – ob ich „mein Guesthouse“ finde? Ich fühle mich so, wie ich mir vorstelle, dass man sich am Rande eines Nervenzusammenbruchs fühlt - ...

Die Altstadt von Varanasi besteht aus unzähligen schmalsten Gässchen, wo zum Teil kaum zwei Menschen kreuzen können. Alles ist voller Shops, Menschen, Tempel, Kühen, Kuhfladen und auch mal Müll – und hat doch seinen ganz speziellen Charme, eine Würde, eine Schöhnheit...!! Das wird nun mein nächstes Projekt, mich mit Passpartu und dem gesamten Gepäck auf die Suche nach dem Guesthouse zu machen. Doch da spricht mich auch schon ein „Schlepper“ an. Das sind meist junge Männer, deren Job es ist, Touristen auf der Strasse abzufangen und in Hotels oder Guesthouses zu führen und von diesen dann eine Provision zu kassieren, wenn der abgefangene Tourist dort auch eincheckt. Und siehe da, der erste Schlepper der mich anspricht, arbeitet für DAS Guesthouse, welches ich suche - unglaublich. Das Übergeordnete...

Gute 10 Minuten durch die Altstadtgassen und ich bin da. Checke ein – kann nicht widerstehen und nehme ein teures Zimmer mit Blick auf den Ganges und bin einfach nur froh, dem Wahnsinn auf Indiens Strassen für einige Tage entkommen zu sein.

In der Altstadt von Varanasi herrscht nämlich eine besondere Stimmung – „geschäftige Ruhe“ – hm, beschreiben kann ich das schlecht – kommt her und erlebt es selber...

Heute ist einfach nur noch ankommen angesagt. Ich stelle im Zimmer mein Zelt auf, damit es gut trockenen kann – bald sieht es im Zimmer aus, wie früher in meinem Kinderzimmer – indisch – chaotisch...

Im Restaurant auf der Dachterrasse lasse ich meinen Blick bei einem Mangolassi über den Ganges schweifen, lasse mich am Abend in einem Boot zur Zermeonie am Flussufer fahren und geniesse es, hier zu sein – ich habe mal für 4 Nächte eingecheckt und überlege mir in dieser Zeit, welche der Varianten ich wählen werde, für meine Weiterreise...


Herzlich in die Welt hinaus...

 

Ach ja: Der Schlepper, der mich zum Guesthouse gebracht hat, fragte mich, wie es denn sei als Europäer auf indischen Strassen. Ich erklärte ihm, es sei der Wahnsinn für mich. Er meinte, das könne er sich gut vorstellen. Auf indischen Strassen gelte nämlich nur eine Verkehrsregel: ES GIBT KEINE REGELN...!

Er weiss übrigens auch, dass der EX-Formel1-Fahrer Michael Schumacher am Genfersee wohnt und dort weniger Steuern bezahlen müsse, als in Deutschland, im Koma liegt und und und – spannend...

Indien ist das Land der Extreme...

Man liebt es – oder man hasst es... Persönlich schwanke ich zwischen Liebe und Hass für Indien hin und her wie ein Metronom - ... - mal langsam, mal blitzschnell...

 

Samstag, 05. Dezember 2015

Heute ausgeschlafen, mit einem Gast aus Frankreich gefrühstückt und unsere Reiseerfahrungen ausgetauscht und mich dann durch Varansi treiben lassen und ein Café mit einem "funktionierenden" WiFi gefunden - dazu Mangolassi, Pancake mit Früchten und Honig... 

WhatsApp mit Emil, der in Kambodscha auf die Verlängerung seines Visums wartet, Rita, die in Bern fruehstueckt, Gaby, die in Florida beim spaeten Nachessen sitzt...

Wie ging das früher??

A LAZY DAY...

 

Patrik Kirtap

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Kommentare: 1
  • #1

    Pa (Samstag, 05 Dezember 2015 13:14)

    Hallo Sohnemann,
    nun, scheinbar hast Du nach all Deinem Stress auf den Indischen Strassen Deine gute Laune wieder gefunden.
    Deine Leser werden sich einiges Schmunzeln oder auch Lacher nicht verkneifen können und weiterhin auf Deine Berichte "lauern".
    Die Fahrt mit Fritz und Karin wäre sicher eine grosse Überlegung wert. Was machen denn die Beiden an Erfahrungen mit dem Bike in Indien? Somit wäre der Zug oder Bus quer durch den schmalen Streifen Indiens eine gute Alternative. Du müsstest halt auf dem Basar, wie in Bishkek, wieder eine "Türken-Tasche" besorgen und so könntest Du einen Teil Deiner Bagage "geordnet" auf den Weg bringen. Lieben Gruss aus Embri Pa & Ma

 

23. JUNI 2016

65 Wochen

unterwegs... 

 

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02. Juni 2016

14 MONATE UNTERWEGS

 

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31.03.2016

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Aktualisiert am

04. März 2016 aus Bang Sapahn