MÄUSE MELKEN? HEULEN? L A C H E N !!

 

Liebe Alle

Da sitze ich nun – immerhin im Deluxe Hotelzimmer - in Imphal, welches ich nach dem Erdbeben beziehen konnte, da in meinem ursprünglichen Standardzimmer die Schäden des Erdbebens behoben werden... Da sitze ich also und weiss nicht, ob ich nun Mäuse melken, heulen oder einfach schallend lachen soll...

Eines weiss ich aber ganz genau: Jetzt hilft nur noch Schokolade – oder Valium! Ich entscheide mich für Schokolade – die schmeckt herrlich lecker – hat viele Luftblasen und daher wohl kaum Kalorien... Eigentlich wollte ich ja nicht wieder anfangen, so viel Stressschokolade zu essen – aber aktuell geht es einfach grad nicht anders. Die Kioskbesitzerin kennt mich bereits und es geht gar nicht mehr darum, was ich bei ihr einkaufe – es geht nur noch um die Anzahl der kleinen Schokoladentafeln, die ich brauche – eben habe ich die drei letzten Tafeln bezogen – ich hoffe, sie bekomme rechtzeitig Nachschub, denn... Doch auch heute alles der Reihe nach...

 

Das Erdbeben vom 04. Januar 2016 haben wir ja glücklicherweise gut überstanden – und sind auch sehr dankbar dafür. Gleichzeitig merke ich, dass dieses eindrückliche Ereignis irgendwie bereits von neuen Herausforderungen übermalt wird, die nächste Stresssituation baut sich vor uns auf...:

Den gestrigen Tag haben wir eigentlich nur dafür gebraucht, Geld zu beziehen – genauer gesagt Dollars, für die Einreise nach Myanmar zu organisieren – und das ist uns nur zur Hälfte gelungen... Die State Bank ist noch immer geschlossen wegen Stromausfall als Folge des Erdbebens... Bei anderen Banken fragen wir vergeblich nach, ob wir mit unseren Kredit- oder Debitkarten Dollars beziehen können. Wir werden zum Teil vom Bankpersonal so ungläubig angeschaut, als ob wir in der Bank einen Flug zum Mars buchen möchten, als wir nach Dollar fragen. Die Banken haben keine Dollar. BINGO!

 

So gibt’s halt eine Projektänderung: Wir beziehen Geld am Geldautomaten und tauschen dieses beim einen Moneytransferbüro ein, welches Rupees gegen Dollar wechselt, wenn auch zu einem schlechten Kurs, wie Fritz zufällig in Erfahrung bringen konnte – was soll’s! Also schnell zum Geldautomaten, Rupees beziehen und dann wechseln. Easy! Aber nicht in Imphal...!! Vor den Geldautomaten stehen die Leute in laaangen Schlangen. Durch das Erdbeben seien nicht mehr alle Geldautomaten funktionstüchtig. Die, die noch funktionieren, sind oft leer oder schlucken unsere internationalen Karten nicht oder versagen den Dienst, kurz bevor wir an der Reihe wären... An einem Automaten finde ich neckisch, dass die Weisse Schrift auf weissem Hintergrund erscheint – man kann wirklich kaum was lesen, was man eingibt... Ich habe mir überlegt, ob ich diesen Blog auch mal „so indisch“ schreiben soll...

Schlussendlich stellen Karin und ich uns etwas ausserhalb des Zentrums bei einem Lokal an, in welchem es zwei ATMs gibt, vor denen sich ganz viele Inder drängeln... Wir hoffen, dass diese ATMs den Geist nicht aufgeben, bis wir an der Reihe sind, sie dann noch nicht ganz leer sind und internationale Karten akzeptieren – gar hohe Erwartungen, dass drei Voraussetzungen hier zeitgleich erfüllt werden... Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt... Fritz versorgt uns während der Wartezeit mit Tee aus der nahen Teeküche... Karin wird von Inderinnen darauf aufmerksam gemacht, dass sie als Frau sich einfach vordrängeln könne, an allen Männern vorbei. Das macht sie dann auch und bekommt Geld mit ihrer Karte – BINGO! Wenig später schaffe ich es auch – völlig entnervt. Dann funktioniert der Bildschirm des Gerätes nicht – ich muss mich zum zweiten Gerät vordrängeln – Karin eilt mir zu Hilfe, damit ich die richtigen Knöpfe drücke, da die Schrift und die Knöpfe, die ich zur Bestätigung meiner Eingaben drücken muss deutlich verschoben sind – sie lernte von Indern, welche Knöpfe wann drücken und bringt es nun mir bei... Auch ich bekomme mein Geld... Man, war das nun aufwändig und nervig...!

Dann ein Mittagessen im „Frauenmarkt“ und eine Ruhepause im Hotelzimmer, da der Geldwechsler nicht in seinem Office ist – er ist an einer Beerdigung, wir sollen Morgen nochmals kommen...

Und dann trifft im Verlauf des Nachmittags die Hiobsbotschaft unserer Agentur in Mynamar ein, welche uns das Permit für den Grenzübertritt auf dem Landweg beschaffen sollte: Es habe an der Grenze Indien/Myanmar eine „Bad Situation“ gegeben und daher sei die Grenze nun für Ausländer kurzfristig und auf unbestimmte Zeit geschlossen und das zuständige Ministerium würde keine Permits mehr ausstellen – das von uns bereits bezahlte Geld, werde rückerstattet. JA BRAVO!! Nun sitzen wir definitiv in Imphal fest – daran haben wir ja im Vorfeld schon mal gedacht – aber nicht ernsthaft damit gerechnet... ES IST ZUM MÄUSE MELKEN...!!

Wir sind also in Imphal blockiert. Karin, Fritz und ich sind SEHR gefrustet, treffen sich bei mir im Deluxe Zimmer zur Krisensitzung auf dem giftgrünen Kunstledersofa, haben die Landkarten von Myamar, Thailand und ich zusätzlich noch Kambodscha vor uns – was nun??

Hm – es fällt uns so gar keine richtige Alternative ein, die uns auch nur eingermassen glücklich machet. So nah waren wir am Grenzübertritt – so sehr haben wir uns auf Myanmar gefreut...!! Klar ist für uns, dass wir Imphal wohl auf dem Luftweg verlassen müssen, was wir eigentlich nicht möchten – und doch kommen wir auf dem Landweg aus dieser geografisch so abgelegenen Ecke Indiens nicht vernünftig weg – und auch nicht aus Indien raus... Ich überlege mir, nach Kambodscha zu fliegen, wenn ich fliegen muss und von da aus nach Thailand zu radeln. Dann fällt mir plötzlich ein, dass der  Flughafen Imphal ja nach dem Erdbeben geschlossen sein könnte – das Internet dreht so langsam, dass man diesbezüglich keine Infos finden kann... So frage ich meine Schwester per SMS an – sie arbeitet in der Airlinebranche und teilt mit: Offiziell ist der Flughafen nicht gesperrt. Gut so!

Meine Vater bitte ich per SMS mal zu klären, wie die Visasituation für mich in Kambodscha wäre – sofort kommt die Rückmeldung: Visa on arrival möglich – also kann ich problemlos nach Kambodscha fliegen.

Alles keine befriedigenden Planungen, die wir hinkriegen. Karin und ich gehen dann mal etwas „Schnaps“ kaufen, damit wir nach dem Nachtessen bei einem Schlummerbecher noch etwas planen können. Und genau beim Schlummerbecher finden wir die für uns stimmige Lösung – sie liegt eigentlich so eindeutig auf der Hand...: Wir fliegen von Imphal nach Yangun in Myanmar und radeln von dort nach Thailand. Wir sehen so nur einen klitzekleinen Teil Myanmars – aber besser als nix. Heute wollen wir uns dann um die Flüge nach Yangun kümmern. Gemäss Internet sind diese verfügbar, einfach obermühsame Verbindungen  - die Reise nach Yangun dauert ab Imphal gute 23 Stunden... Dennoch sind wir mit dieser Variante der Weiterreise zufrieden. Im Verlauf des Abends verabreden wir uns für morgen Mittag noch mit zwei anderen Radlern aus Deutschland, die heute Nachmittag auch in Imphal eingetroffen (ich habe sie bereits in Khorug und Shiliguri getroffen) und somit hier auch gestrandet sind...

 

Heute wechseln wir also die Rupees in Dollar und erfahren, dass es in Imphal bzw. offenbar in ganz Manipur keine offiziellen Wechselstuben geben soll. Die Nachfrage sei nicht vorhanden und die Steuern für den Betrieb einer Wechselstube viel zu hoch. Daher ist unser Wechsler offenbar nicht so ganz konform unterwegs, wenn er unsere Rupees wechselt und gibt halt einen schlechteren Kurs, als man erwarten dürfte – tja – wir haben keine Wahl...

 

Nach einem Mittagessen zu fünft gehen wir dann mal ins Reisebüro um uns um den Flug nach Yangun zu kümmern. Der Herr im Reisebüro erklärt uns, es gäbe ab Imphal keine Flüge nach Yangun – ich erkläre ihm, dass wir keinen Direktflug erwarten würden und er uns halt einen Flug über Kalkutta oder so organisieren soll - ... Das klärt er für uns auch ab, ruft die Fluggesellschaft an um die Frage der Fahrräder zu klären.  Er erhält die Information, dass in den Flugzeugen ab Imphal keine Fahrräder transportiert würden, da ab Imphal nur kleine Flieger verkehren würden – und in diesen würden KEINE Fahrrader transportiert. Wir müssten unsere Räder falten können, dann gäbe es wohl eine Lösung – geht aber nicht!!... – Passpartu könnte ich wohl genau ein einziges Mal falten... Blitzschnell zeigt der Reisebüromann uns als Alternative den Landweg nach Kalkutta auf. Von dort aus sollen wir dann fliegen. „Auf dem Landweg nach Kalkutta?? Das dauert doch mindestens drei Tage!!“ entgegne ich ihm genervt. Er überlegt kurz und meint „NEIN! Niemals drei Tage – höchstens 2.5 Tage. Mit dem Auto in die nächst grössere Stadt und dann 24 Stunden im Zug – dann vom Bahnhof in Kalkutta zum Flughafen in Kalkutta – NO PROBLEM!“. Wenn ich mir vorstelle, 2.5 Tage mit meinem ganzen Haushalt durch Indien reisen zu müssen und mich mit dem ganzen Gerümpel dann auch noch quer durch die Millionenstadt Kalkutta zu kämpfen, nur um zu einem Flughafen zu kommen, ab welchem ich fliegen kann, erleide ich vorsorglich schon mal einen Nervenzusammenbruch – da hilft wirklich nur SCHOKOLADE.... Und die 2.5 Tage, die der Reisebüromann veranschlagt, dürften aus meinen früheren Erfahrungen als Zugreisender in Indien niemals reichen, weil der Zug STUNDEN Verspätung haben dürfte – wir müssen, um den Flieger in Kalkutta sicher erreichen zu können, mindestens einen Tag Aufenthalt in Kalkutta einplanen – dann sind wir 4 Tage unterwegs – wenn einer eine Reise tut... Wir machen dem Reisebüromann klar, dass das für uns keine Option sei – er klärt uns nun fundiert ab, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, zu fliegen – sonst sind wir dann 4 Tage unterwegs, bis wir in Kalkutta in einen Flieger steigen können – dann brauche ich wohl Valium intravenös... Ja, Indien ist ein grosses Land, ein sehr grosses Land, ein unendlich grosses Land...

 

Gegen Abend ruft der Herr vom Reisebüro an. Er hat ein schnellere Variante gefunden – aber auch mit einer längeren Busfahrt. Wir haben Optionen. Er erklärt nun, die Frage der Fahrräder ab Imphal sei nicht die Frage der grösse der Flugzeuge – es sei vielmehr, weil der Scanner am Flughafen defekt sei und keine grossen Pakete gescannt werden könnten... Die Sache wird immer faszinierender... Wie auch immer. Er prüft dennoch im Verlauf des kommenden Morgens, ob es nicht doch eine Variante mit einem Flug am Imphal gebe – mit einer anderen Fluggesellschaft. Entweder haben die einen eigenen Scanner oder sie scannen gar nicht... Wie auch immer: Einfach raus hier – auch wenn ich kein  Star bin...

 

Nach 18 Uhr ziehen wir dann noch in die Stadt in der Hoffnung Kisten für unsere Fahrräder zu finden. Und siehe da: Völlig unerwartet verspricht uns der Verkäufer im ersten Shop für morgen Vormittag drei Kisten. Er ist ein Warmshower Gastgeber (Radfahrer, die Radfahrer kostenlos beherbergen) und kennt die Tücken, die Langdistanzradler zu bewältigen haben... Wunderbar, immerhin dieser Punkt auf unserer langen To-Do-List kann offenbar einfach abgearbeitet werden...

 

Gestern habe ich mich kurzfristig verflucht, weil ich von meiner ursprünglich geplanten Route abgewichen und von Katmandu nicht einfach nach Hanoi geflogen bin oder aber wenigstens später nicht ab Varanasi nach Bangkok... Wie gesagt: Ich habe mich kurzfristig verflucht. Was ich in Indien erlebt habe und wohl noch erleben werde, würde mir wohl fehlen, hätte ich es nicht erlebt – auch wenn die Situation, in der ich nun stecke einfach nur OBERMÜHSAM und unübersichtlich, widersprüchlich ist. Aber frei nach Andrea Berg breche ich nun innerhalb Indiens einmal mehr „Auf zu neuen Abenteuern“ – und das täglich mehrfach... UND: Ich bin nicht alleine – zusammen mit Fritz und Karin ist diese unglaublich doofe Situation viel einfacher zu ertragen – und seit heute Mittag stecken wir ja zu fünft fest... Ich rechnete ja von Anfang an damit, dass meine Reise durch Indien nicht ganz einfach werden dürfte – aber mit einem starken Erdbeben und dass es aber so kompliziert würde, hätte ich doch nicht erwartet...

Tja, was nehme ich nicht alles auf mich, um meine Blogleserinnen und –leser spannend unterhalten zu können...

Herzlich genervt in die Welt hinaus – so nervig die Situation ist – so skurril wirkt sie auch auf mich – ich kann aktuell nur darüber lachen – vielleicht ist es ein Galgenlachen? Wir werden sehen...

Patrik Kirtap

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