Hallihallo aus Hua Hin!
Heute Morgen hat mir Karin dieses Bild von Fritz und mir geschickt. Es entstand auf dem Weg nach Bangkok...! Ich finde das Bild wirklich gut gelungen - und witzig...!!
NEIN - Fritz und ich warten weder beim Frisör noch beim Zahnarzt auf der Wartebank...
Und doch lesen wir Lifestylemagazine, wie sie sonst eben meist nur beim Frisör rumliegen - Lifestylemagazine für Männer - aber seriöse!! Es ging um Motorräder, Autos und Uhren (also Toys for Boys...) oder um die Veränderung von Brad Pitt, über die Jahre - gut (für ihn) zu sehen, dass auch er älter wurde... Und natürlich um Kleider, Schuhe und Kosmetika für Männer. Doch das brauchen wir ja alles nicht...!
DENN: Wir sind perfekt frisiert, von Natur aus wunderschön, haben (fast) alle Zeit der Welt und brauchen daher auch keine Uhr, haben Fahrräder, die mal schneller, mal langsamer sind und brauchen daher keine schnittigen Autos. Gekleidet sind wir auch immer perfekt - also meistens - wobei da wohl das grösste Optimierungspotenzial bestehen könnte, je nachdem, wo wir uns bewegen...
In Bangkok haben wir uns z.B. überlegt, ob wir zur Auflösung unserer Kleinfamilie in einem Restaurant auf einem der Hochhäuser über eines dieser grossartigen Buffets herfallen wollen, die in luftiger Höhe angeboten werden. Wir haben dann gegooglet und gesehen, was das kostet. Hm - die hohen Preise hätten wir ja noch in Kauf nehmen können, auch wenn diese überproportional mit der "Höhenlage" des jeweiligen Restaurants zu korrelieren schienen... Wobei: Mit Bruno aus Bern habe ich bereits im ersten Stock des Steakhouses so viel bezahlt, wie ich dort oben hätte bezahlen müssen - also stimmt das mit dem Höhenzuschlag nur bedingt...
Aber dann haben wir den Dresscode gelesen - und da war sofort klar: Wir haben nix zum Anziehen! Die lassen uns in unseren Kleidern da niemals rein!! Das eine Restaurant hat sogar Flipflops verboten - und ausdrücklich auch Birkenstocks - und das so direkt auf der Website offen und unmissverständlich kommuniziert. Klare Ansage! Und wir haben ja nicht mal Edelflipflops der Marke Birkenstock... Ich habe weiterhin nur meine dreckigen Veloschuhe und die Schlarpen aus Tabriz/Iran, die ich Anfang Juni 2015 für knappe 2 US$ erstanden habe und die langsam aber sicher etwas ausgelascht sind - dadurch aber immer bequemer werden - und in welchen ich gerne bis nach Hause kommen möchte, sofern sie nicht vorher (ganz) zerfallen...
Wie auch immer - als wir den Dresscode gelesen hatten, war klar: Das ist nicht unsere Welt - nicht, weil Birkenstocks ausgeschlossen sind (das finde ich so falsch gar nicht...)! Nein - weil wir seit Monaten halt sehr viel einfacher unterwegs sind!! Uns eben doch in anderen Welten bewegen... Und dann haben wir unsere Kleinfamilie ganz einfach im Rooftoprestaurant des Freundes unserer Homestaygastgeber aufgelöst - auch mit Sicht über Bangkok - und es war herrlich lecker und wir sassen da entspannt und bequem in unseren Schlarpen und TShirts - und niemand hat sich daran gestört. Edel kann halt auch einfach sein - oder mit anderen Worten: Ich mag es einfach edel...!!
Schaut mal, was ich eben im Bücherregal im Guesthouse gefunden habe - Ferienlektüre, welche andere Gäste hier zurückgelassen haben. Tja, es wurde auch für mich mal wieder Zeit, etwas Literatur zu geniessen - zumal sie doch so gut zu meinem obigen Text und dem Kleideroptimierungspotenzial passt - und von einem Zürcher verfasst wurde...
Den folgenden Abschnitt las ich mit besonderer Aufmerksamkeit - biege ich doch bis zu meiner Rückkehr auch immer mal wieder Richtung Feldseite ab - und hoffe, daheim dann die goldenen Turmknöpfe anzutreffen...:
Da stand er nun, gleich dem Jüngling am Scheidewege, auf einer wirklichen Kreuzstrasse; aus dem Lindenkranze, welcher die Stadt umgab, stiegen gastliche Rauchsäulen, die goldenen Turmknöpfe funkelten lockend aus den Baumwipfeln, Glück, Genuss und Verschuldung, ein geheimnisvolles Schicksal winkten dort; von der Feldseite her aber glänzte die freie Ferne; Arbeit, Entbehrung, Armut, Dunkelheit harrten dort, aber auch ein gutes Gewissen und ein ruhiger Wandel; dies fühlend, wollte er denn auch entschlossen ins Feld abschwenken.
Aus: Gottfried Keller, Kleider machen Leute - Erlenbach bei Zürich 1927
Doch zurück zum Bild von Fritz und mir, welches Karin geschossen hat: Ich finde das Bild sehr witzig! Zwei Männer am Tischchen mit der Pastickhäkeltischdecke und dem Strauss künstlicher Blumen in den süssesten Farben, vor dem ebenso kitschig-süss in zartestem violett verzierten Sichtschutz auf Kunstrasenteppich - bösartig, wer hier andere Gedanken spinnt - auch wenn das Bild von Ralph König wohl kaum kitschiger hätte arrangiert werden können...
Ja aber was machten Fritz und ich denn nun da überhaupt? Ganz einfach: Wir haben auf unseren Kaffee gewartet... - sieht man doch!
Ich grüsse Euch mit Meeresrauschen in den Ohren und einer angenehm luftigen Brise in meiner Frisur von der Seafront-Terrassse meines neuen Guesthouses in Hua Hin
Patrik Kirtap
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