10. März 2016
Liebe Alle
Heute vor 49 Wochen sind Passpartu und ich also in Bern gestartet – und bald erreichen wir tatsächlich Singapur – also theoretisch... Praktisch wohl auch! Obwohl:
Ich komme langsamer voran, als mir lieb ist – und die Tage nach Bang Sapahn fühlen sich härter an, als ich mir radeln in Thailand vorgestellt habe. Mein Rücken und die Rippen sind zwar OK. Doch wenn es am Abend dann so schwierig ist, eine Unterkunft zu finden, spüre ich manchmal eine gewisse Ungeduld in mir aufsteigen, die meine Gelassenheit vertreibt – und wenn dann noch keine WiFi zur Verfügung steht merke ich, dass ich irgendwie „gestresst“ unterwegs bin, was mich dann stresst - Teufelskreis...
Campen möchte ich hier lieber vermeiden. Seit Bang Saphan hat es zunehmend überfahrene Schlangen auf der Strasse – und von denen gibt es im Gebüsch und auf den Grünflächen, die sich zum Campen eignen würden, sicher noch viele noch nicht überfahrene Exemplare - das stresst ich irgendwie zusätzlich... Lebend habe ich noch keines dieser Kriechtiere gesehen - und kann auch weiterhin sehr gut darauf verzichten...!
ABER: Ich kann, weil ich will, was ich muss – frei nach Kant...
Sollte dann einmal gar kein Guesthouse kommen, dann frage ich einfach in einem Tempel oder bei der Polizei – genau, das ist das Stichwort. Ich möchte Euch von einem Erlebnis berichten, welches ich mit zwei Verkehrspolizisten hatte – wobei die Bezeichnung Verkehrspolizei in diesem Zusammenhang auch zweideutig verstanden werden könnte – doch zu weit denken dürft ihr nicht, auch wenn die spontane Denkrichtung verschiedener Leserinnen und Leser wohl grad...
Tja, auch in Thailand mache ich also immer wieder neue Erfahrungen. Und so auch die, dass ich auch nach 49 Wochen „auf der Strasse“ noch immer in Situationen kommen kann, in welchen ich sprachlos werde. Eine vielleicht etwas „schlüpfrige“ Situation will ich Euch nachstehend eben beschreiben...
Heute kam ich nach einem „3in1-Nescafé-mit-nach-Bananencake-und-Sägemehl-schmeckenden-Gebäck-Frühstück“, kurz nach 8 Uhr einigermassen zeitig los und ärgerte mich auch gleich über mich: Offenbar habe ich gestern Abend den Abzweiger zur Küstenstrasse verpasst. Das stelle ich fest, als ich auf meiner Thailandkarte, die leider nicht sehr viele Details zeigt, wieder einmal eine Strassenkreuzung ganz genau bestimmen und somit auch meinen aktuellen Standort ganz genau orten kann. Ist immer mal wieder gut zu wissen, wo ich „genau“ bin... Mist – jetzt muss ich doch wieder gute 30 km der grossen Strassen folgen, bis zur nächsten Stichstrasse, die runter zur Küstenstrasse führt und auf meiner Karte eingezeichnet ist – tja oder ich fahre zurück – wobei diese Idee schnell verworfen ist. Oder: Gibt es vielleicht eine Stichstrasse, die zur Küstenstrasse runter führt und die auf meiner Karte nicht eingezeichnet ist? Bei einem Posten der Verkehrspolizei – ... – halte ich an, parke Passpartu und grüsse die beiden im Schatten vor dem Posten sitzenden Polizisten und gehe davon aus, die hätten mich ankommen sehen. Sie starren jedoch gebannt in ein Smartphone. Der eine Polizist grüsst dann doch noch, der andere nimmt mich aber irgendwie nicht wahr – zu vertieft ist er in das Smartphone in seinen Händen. Als er realisiert, dass da ein Tourist steht legt der das Smartphone verdutzt auf den Tisch – lässt es vielmehr fallen - und grüsst mich höflich – und ich glaube nicht, was da im Vollbildmodus über das Display des Smartphones flimmert: Ein Film aus der Kategorie, die zwar wie Polizei beginnt – aber eineindeutig nicht auf "lizei" endet... Sondern auf "rno"... Der Fall ist optisch klar und auch die „Dialoge“ der beiden Darsteller lassen keinerlei Fragen offen... Wenn Ihr wisst, was ich sagen will...
„Jungs, habt Ihr noch alle Tassen im Schrank? Da schaut Ihr uniformiert während der Arbeitszeit solche Filme und legt mir das Handy vor Lauter Schreck auch gleich noch so offen auf den Tisch? Was denkt Ihr Euch?“ schiesst mir durch den Kopf – während ich staunend auf den Bildschirm schaue – die beiden Polizisten anschaue – ein Blick zurück auf den Bildschirm werfe, um sicher zu sein, dass ich sehe was ich höre – ein Blick zu den Polizisten - ...! Dann schiesst mir ebenso schnell durch den Kopf: „Easy, ich spiele hier weder die Dienstaufsicht noch den Moralapostel!“. Die beiden Polizisten werden kleinlaut wie Schuljungs, die bei einem Streich ertappt wurden und der, der das Handy in Händen hielt, stammelt immer wieder verlegen „Sorry, sorry...!“. „Ja, ja ist ja gut – ich wollte nur nach dem Weg fragen!“, erkläre ich nach wie vor verblüfft den ebenso verwirrten Polizisten!
Der Polizist, der das Handy so lange in der Hand hatte, beruhigt sich erst, als ich ihm „kollegial“ meine Hand auf die Schulter lege und ihm nochmals versichere: „Kein Problem für mich!“. Die beiden erklären mir dann ganz sorgfältig den Weg und wir verabschieden uns schlussendlich lachend. Ich kann tatsächlich die Stichstrasse neben dem Polizeiposten runter und erreiche die Küstenstrasse. Die beiden Polizisten gehen mir den ganzen Tag nicht aus dem Kopf. Ich frage mich, ob ich richtig reagiert habe oder forscher hätte auftreten sollen. Schlussendlich denke ich, richtig reagiert zu haben – nur schon mangels Alternativen...
Mein Velotag führt mich dann auf einer schönen Nebenstrasse in die Gegend von Tha Chana. Am Strand geniesse ich leckere Shrimps und Nudeln zum Lunch und döse im Schatten etwas, bis die Mittagshitze vorüber ist. Bei der Abfahrt geht unter dem Personal des Strandrestaurants die Diskussion los, ob auf dem weiteren Weg noch Unterkünfte kommen oder nicht. Die Sprachbarriere ist hoch und dennoch einigen wir uns darauf, dass in 24 Kilometern ein Resort kommen werde. Das kommt mir gelegen – dann habe ich das Tagessoll voll und ich werde heute Nachmittag nicht viel weiter fahren wollen. Heute setzt mir die Hitze nämlich mehr zu, als mir lieb ist...
In 24 Kilometern kommt dann auch ein Resort. Ein „Motel“ ohne Glanz und Seele, ohne WiFi ohne Internet ohne nix. Das Zimmer soll 500 Baht kosten – viel zu teuer entscheide ich! Ich rolle weiter – sieben Kilometer zum Meer runter soll es weitere Resorts geben. Da finde ich sicher was Schöneres! Aus den sieben Kilometern werden 9 und dann gute 12 – ... Morgen muss ich die offenbar auch wieder zurück, was mich nervt – aber nicht zu ändern ist! Ich finde ein nettes kleines „Edelhomestay“, direkt am Meer, auch ohne WiFi aber immerhin kriege ich hier ein wunderbares Zimmer mit einem richtigen Duvet, wie ich es seit Monaten nicht mehr hatte – oder gar seit meiner Abfahrt daheim, vor 49 Wochen?? Und Abendessen und Frühstück soll es auch geben. Den Zimmerpreis kann ich drücken – knapp über den Preis des Motels, welches zwar auf meinem direkten Weg gelegen hat – aber hier habe ich es viel schöner, um meinen Velotag gegen 16 Uhr zu beeenden. Meinen Blog schreibe ich offline bei einem Bier im Garten des Homestay - mit Wasser alleine glaubte ich meinen Durst nämlich nicht stillen zu können – so war ich doch sehr froh, dass im Kühlschrank des Homestay ein kühles Bier übrig war...
Bald kriege ich Reis und Spiegeleier zum Nachtessen. Darauf konnten wir uns "mit Händen und Füssen" verständigen. Morgen erreiche ich Surat Thani und bin gespannt, wie es danach mit Unterkünften aussehen wird. Ich werde wohl in Surat Thani Halt machen und dort die weitere Strecke noch etwas recherchieren – sonst muss ich dann wirklich noch meinen Kocher wieder in Betrieb setzen, was ich mit Blick auf den Flug nach Lissabon vermeiden wollte, weil ich die Benzinflasche und den Kocher nicht wieder „flugtauglich“ putzen wollte und auch dachte, das sei Südoastasien möglich, da überall Verpflegung und Unterkunft greifbar sei – tja... Realität und Praxis...
11. März 2016
Heute habe ich Surat Thani problemlos erreicht und bin in einem Stadthotel mit WiFi abgestiegen. Ich habe mit Navigationssoftware und Hotelbuchungswebseiten meine Route geplant und mich entschieden, der Küste entlang nach Hat Yai zu fahren und von dort dann nach Malaysia zu kreuzen und in Malaysia die Westküste runter zu fahren. Die Infrastruktur soll entlang dieser Strasse weiterhin dünn sein – aber ich habe keine Lust, die nächsten 4 bis 5 Tage auf dem Highway zu fahren, wo die Infrastruktur allenfalls auch nicht viel besser ist... Wenn ich diese Route fahre, werde ich zwar Kuala Lumpur queren müssen, was ich ursprünglich vermeiden wollte (weil grosse Städte ohne GPS einfach mühsam sind für mich...). Doch diese Routenwahl hat auch einen anderen Grund: Im Südosten Thailands zur Grenze zu Malaysia soll es immer wieder „unruhig“ sein. Verschiedene Religionsgruppen haben da offenbar „Differenzen“. Die Informationen dazu sind widersprüchlich. Zuerst wollte ich da einfach durch, weil ich hörte, dass es machbar sei. Dann dachte ich mir, ich könnte mich bei der CH-Botschaft mal erkundigen. Sarah, die ich dieser Tage getroffen habe meinte, das könne ich bleiben lassen, die würden mir eh sagen, es sei gefährlich... Nun habe ich mich also entschieden, dass ich der Westküste Malaysias folge, wo alles OK ist. Das hat auch den Vorteil, dass ich gewisse Strecken einfacher mit dem Bus oder Zug bewältigen könnte, wenn ich in Zeitnot geraten sollte...
Heute war ein also ein "langweiliger Tag". Heiss war es wieder, sehr heiss. Ich muss schauen, dass ich früher starte – wobei ich immer auch Mühe habe, den Schlaf zu finden, wenn es so heiss ist und die Klimaanlage nicht mag - ... – und dann am Morgen tief schlafe, wenn ich aufstehen sollte... Was Mann hat, will Mann nicht – was Mann will, hat Mann nicht...
Langweilig auch, weil die Strasse zum Teil über Kilometer gerade war - ich habe mir dann meinen iPod in die Ohren gestöpselt und so liess es sich etwas ringer fahren...
Morgen geht’s dann weiter – nur knapp das Tagessoll, weil es danach eben keine Unterkunft in vernünftigerDistanz und Preislage gibt... Immerhin hat mir meine Routenplanungssoftware gezeigt, dass ich bis Singapur zwar Höhenmeter sammeln werde, aber kaum je über 100 müM strampeln muss... Immerhin...
Sprachlos wurde ich vor Freude auch hier...
Herzlich in die Welt hinaus...
Patrik Kirtap
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