Liebe Alle
Gerne berichte ich Euch von meinem Trekking. Morgen treffe ich Surat und dann reisen wir zu seiner Familie. Da werde ich nicht direkt online sein. So am 10.11.2016 werde ich dann aus Kathmandu berichten oder mal über mein Handy einen Newsletter verschicken, wenn das möglich sein sollte.
Hier aber mal der Bericht der ersten Tage in Nepal - es ist sehr schön hier, ich werde fürsorglich betreut von meinen nepalischen Freunden. Wunderbar: Was vor einem Jahr noch Zufallsbegegnungen waren, zeigt sich ein Jahr später als Freundschaft.
25. Oktober 2016
Pünktlich um 09.00 Nepali Time – also um 09.20 Uhr British Time oder Schweizer Zeit – werde ich im Guesthouse abgeholt. Also 20 Minuten später als vereinbart – aber wir sind in Nepal. Hier hat man Zeit. Alles geht „slowly, slowly“ – also „langsam, langsam“.
Kapil, mein Guide, steckte im Stau.
Wir fahren einige Kilometer durch Kathmandu und starten dann unser Trekking, welches mehr einer Wanderung gleicht, die es aber auch in sich hat.
Das Wetter ist drückend heiss. Der Aufstieg steil. Wir müssen direkt gegen 1000 Höhenmeter machen. So von „0 auf 100“ oder eben von „0 auf 1000“ fordert mich das unerwartet heftig und ich verfluche jedes einzelne Gepäckstück in meinem Rucksack. Erschwerend kommt hinzu, dass der Aufstieg über nicht enden wollende Treppen führt, deren Stufen unterschiedlich hoch – aber auf jeden Fall immer unangenehm hoch – sind. Wie schaffen das die Nepali, welche in aller Regel doch viel kleiner als ich sind und damit auch die kürzeren Beine haben?
In einem Reisbauerndorf fragt Kapil eine Gruppe junger Männer, ob sicher einer als Porter ein Zubrot verdienen möchte. Keiner ist motiviert – lieber „hängen sie rum“ und rauchen. Einer erbarmt sich meiner dann doch noch und bietet mir an, meinen Rucksack für 5000 Rupees nach Chisapani zu tragen(Chisapani bedeutet übrigens: Kaltes Wasser – auf dem Annapurnatrekking freute ich mich ja auf Tatopani: Heisses Wasser). 50 Franken? Viel zu teuer! Ich gehe weiter und entscheide, mein Gepäck selber zu tragen – schliesslich habe ich es auch selber gepackt. Ich bin keine fünf Schritte gegangen, da bietet sich ein „älterer“ Herr als Porter an, der die Szene von seinem Reisfeld aus beobachtet hat. Er verlangt aber noch immer 2000 Rupees – also 20 Franken. Das ist in etwa der Tageslohn eines Porters im Annapurna, wenn ich mich richtig erinnere.
Hm – hier hat der Porter aber nur einen halben Tag zu tragen – muss aber seine Reisernte unterbrechen. Ich willige ein. Er verdient zwar sehr gut – aber er soll belohnt werden, weil er die Arbeit nicht scheut!
So erreiche ich unerwartet leicht Chisapani.
Bei der Ankunft sticht ein grosses, schräg liegendes Haus ins Auge. Das Erdbeben vom April 2015 hat es zum „einknicken“ lassen. Die Besitzer haben alle verwertbaren Gegenstände wie Fenster etc. zwischenzeitlich herausgebrochen und sollen es für ein anderes Haus, an einem neuen Standort verwendet haben. So übersetzt mir Kapil die Informationen des lokalen Porters. Das „eingeknickte Haus“ werden sie zerfallen lassen. Denn: Es sei illegal auf Land der Regierung gebaut worden. Sie bekommen keine Erlaubnis für den Wiederaufbau ihres ehemals grossen Hotels.
Gleich neben dem eingeknickten Hotel steht ein „zerfallenes“ Bungalow-Resort, welches früher auch mal Trekker beherbergt haben soll. Dieses wurde aber nicht durch das Erdbeben zerstört – vielmehr durch die Regierung. Denn auch dieses Resort soll illegal aufgebaut und von der Regierung daher bewusst unbrauchbar gemacht worden sein. Auch hier lassen die Besitzer einfach alles verrotten. Sieht nicht wirklich hübsch aus, in der sonst so grünen und friedlichen Landschaft.
Wir finden ein einfaches, typisches Zimmer in einem kleinen Guesthouse – nepalische Toilette und kaltes Wasser auf dem Flur. Früher gehörte der Betreiber-Familie ein grosses Hotel am gleichen Standort. Doch haben sie dieses im Erdbeben im April 2015 verloren. Zwischenzeitlich konnten sie sich immerhin eine Art Provisorium aufbauen und vermieten wieder Zimmer.
Meine Frage, ob denn von der Regierung noch kein Geld ausbezahlt worden sei, erhalte ich immer die gleiche Antwort: Unsere korrupte Regierung zahlt doch keine Gelder aus. 1500 Rupees sollen stark betroffene Familien erhalten haben – 150 Franken. Damit macht man selbst in Nepal keine grossen Sprünge...
Mich beschleicht eine leise Wut. Ich habe damals von unterwegs von meinem knappen Reisebudget bei der Glückskette in der Schweiz auch für Nepal gespendet – und nun sind diese Gelder offensichtlich weiterhin blockiert... Ich muss da mal bei der Glückskette in der Schweiz nachfragen, wo das Geld steckt... Freude erfüllt mich, dass wir im November 2015 Surats Familie direkt helfen konnten. Das war eine gute Aktion! Einfach und direkt! An dieser Stelle nochmals ein grosses DANKESCHÖN an alle Spenderinnen und Spender!
Ich wasche mich nepalisch mit kaltem Wasser und bin froh, dass ich so viele warme Kleider im Rucksack habe. Der Abend wird im ungeheizten Speisesaal recht frisch. Ich plaudere lange mit einer jungen Frau aus Deutschland. Sie arbeitet als Flight Attendant für eine in Dubai beheimatete Airline und ist für einige Tage von Dubai nach Nepal geflogen, um das gleiche Trekking zu machen wie ich. Spannend! Wir treffen uns am nächsten Tag unterwegs wieder.
26. Oktober 2016
Nach einer kühlen Nacht – ich kuschelte ich herrlich in meinen Schlafsack ein – gibt es um 07.00 Uhr ein „währschaftes“ Frühstück mit hart gekochten Eiern und Curry und Milchtee. Wunderbar. Abmarsch ist 07.30 Uhr. Ja, ich werde mich schlagartig an einen etwas militärischen Tagesablauf gewöhnen müssen. Fertig mit ausschlafen und dann gemütlich in den Tag starten. Kapil führt ein strenges Regime mit mir: 06.00 Uhr weckt er mich – 07.00 Uhr Frühstück – 07.30 Abmarsch. Egal, wie lange die Distanz ist, die wir zu bewältigen haben. Das ist doch schon einmal ein guter Lehrgang für meine Zeit nach Nepal 2016, wenn ich dann wieder berufstätig sein werde... Ein Leben, auf welches ich mich übrigens sehr freue, habe ich doch einen wirklich guten Job gefunden...
Wir wandern durch Wald und Dschungel. Auf guten und schlechten Wegen. Mal bergab, mal bergauf. Kapil will viel über Europa und die Schweiz erfahren. Er spricht leidlich Deutsch. Wir sprechen in einem Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch. Sehr erstaunt ist er, dass Frau und Mann Westeuropa ohne Trauschein zusammenleben und sogar eine „physische/körperlich Beziehung“ haben dürfen, wie er es nennt. Nicht wirklich in sein Weltbild passt, dass eine Frau wegen „vorehelicher körperlicher Beziehung“ nicht geächtet wird und noch immer „heiratsfähig“ ist und auch einen guten Mann finden kann – er staunt, dass westeuropäische Männer „solche Frauen“ heiraten. In Nepal offenbar undenkbar...
Er will noch viel mehr wissen über, wie „es“ in Europa laufe. Als ich ihm erkläre, dass es in Europa sogar FKK-Strände gibt, wirkt er schlicht überfordert. Ja, es prallen Welten aufeinander. Aber Kapil ist dennoch weiterhin sehr interessiert und weltoffen – er reflektiert und fragt intelligent nach. So vergeht die Wanderzeit wie im Fluge.
Er erklärt mir auch, dass in Kathmandu mehr und mehr westlicher Lebenstil Einzug halte. Er habe zum Beispiel eine Frau aus einer anderen Kaste geheiratet. Das sei in der Stadt kaum mehr ein Problem. Auf dem Dorf aber schon.
Nach dem Mittagessen lege ich mich dann 2x der Länge nach hin, mit dem Rucksack auf dem Rücken. Also: Ich falle hin. Ich habe Mühe mit meinem linken Fuss, obwohl ich die tollen Bergschuhe aus der Schweiz trage. Mein linker Fuss knickt immer mal wieder weg – keine Ahnung wieso. Das Alter? Wie auch immer. Beim zweiten Sturz reisse ich mir am rechten Knie die Wanderhose auf und darunter schürfe ich mein Knie auf. Kapil erkennt das, bevor ich realisiere, dass ich LEICHT blute. Ich will meine „Wunde“ mit Mineralwasser abwaschen – Kapil wird aber hektisch. Ich befürchte, er lasse nun den Rettungshelikopter kommen, so kommt er in Fahrt und beharrt darauf, die „Wunde“ zu versorgen. Er zaubert aus seinem kleinen Rucksack eine Flasche mit „Dressing“ – Desinfektionsmittel. Die Flasche ist original verschraubt, kann kaum geöffnet werden. Als dann endlich etwas Dressing raustropft tupft Kapil meine „Wunde“ Sorgfältig ab. Mein selber mitgeführtes Desinfektionsmittel darf ich nicht auspacken. ER versorgt MICH. ER ist für MICH verantwortlich...
Tja, am Abend tropfe ich – heimlich – noch etwas von meiner Desinfektionslösung auf mein Knie. Alles halb so wild! Am nächsten Morgen sieht mein Knie fast wie neu aus.
Wir erreichen Nagarkot am späteren Nachmittag und checken im „berühmten“ View Point Hotel ein. Es gibt in meinem Badezimmer sogar ein mit Gas funktionierender Duchlauferhitzer. Wunderbar, so eine warme Dusche.
Nach dem frühen Abendessen gehe ich ebenso früh schlafen. Müde. Es erreicht mich noch ein Anruf eines ehemaligen Berufskollegen, dem es in seiner aktuellen Funktion nicht so gut geht. Wir entscheiden, dass wir uns nach meiner Rückkehr treffen und unterhalten werden. Ja, von solchen Themen war ich lange nicht mehr betroffen. Der Anruf beschäftigt mich noch einen Moment lang. Und schon ist es Morgen. Also für mich gefühlt noch mitten in der Nacht - denn der 27. Oktober 2016 ist ein spezieller Tag...
27. Oktober 2016
Ich setzte den Fuss in die Luft - und sie trug (Hilde Domin)
Ja! Heute vor zwei Jahren habe ich meine damalige Arbeit gekündigt. Ich spürte damals so was von eindeutig, dass es der einzig richtige Entscheid war - und doch musste ich all meinen Mut sammeln, um diesen Entscheid zu treffen und mich ins Ungewisse fallen zu lassen. Rückwirkend kann ich sagen: Alles richtig gemacht.
Ich bin noch immer - oder schon wieder - unterwegs, meine Beziehung ist so wundervoll und wertvoll wie nie zuvor und ich darf nach meiner Rückkehr aus Nepal Mitte November 2016 meine neue, spannende Arbeit anfangen. Ich bin definitiv im Sternzeichen des Glückspilz geboren...
Was habe ich auf meiner Reise nicht alles erleben, erfahren dürfen - was habe ich an Lebenserfahrung gesammelt, Freundschaften geschlossen - Lebenszeit aktiv genutzt. Wunderbar! Tausend Dank an alle, die mich auf meinem Weg unterstützt und begleitet haben - und hoffentlich weiterhin begleiten werden. Ohne Euch wäre das alles nicht möglich geworden...
Und so fängt dieser 27. Oktober 2016 auch an - mit einem wunderbaren Sonnenaufgang...:
Um 05.30 Uhr ist Tagwache für den Sonnenaufgang – und das an meinem „Ruhetag“ in Nagarkot. Um 05.45 stehe auch ich auf der Dachterrasse des Hotels und erfreue mich am Sonnenaufgang. Das ist DIE Sehenswürdigkeit in Nagarkot. Plötzlich hat man eine tolle Sicht auf die Himalaya-Kette. Leider versteckt sich der Everest, den man mit etwas Glück von hier aus auch sehen können soll. Dennoch ist der Sonnenaufgang überwältigend. Doch aus meiner Sicht könnte der auch drei oder vier Stunden später stattfinden...
Nach einem wunderbaren Frühstücksbuffet döse ich nochmals zwei Stunden vor mich hin, bevor wir zum Aussichtsturm wandern. Kapil berichtet beim Frühstück, er hätte die letzte Nacht mit 2 andern Guides in einem Doppelbett verbracht. Sie hätten es lustig gehabt. Ja, die Guides schlafen zum Teil in für mich schlimmen Räumen.
Kapil „lahmt“ auf dem Rückweg. Auch er hat Fussprobleme, wie ich auch...
Kein Wunder: Er ist nur mit leichten Turnschuhen unterwegs. Wobei ich auch eine alte Frau gesehen habe, welche BARFUSS Brennholz nach Hause getragen hat. Eine grosse, schwere Ladung Brennholz... Ich beauftrage Kapil, uns für den nächsten Tag einen Transport zu organisieren, damit wir unsere Füsse schonen können. Es gelingt ihm, einen Privatmann zu gewinnen, der uns für 20 Franken gute 2.5 Stunden chauffieren wird. Das ist doch gut so.
Wiederum frühes Abendessen und frühes „Gute Nacht“ – es wird um 18 Uhr dunkel in Nepal. Sehr dunkel. Denn es gibt kaum Strassenlampen und auch sonst kaum Beleuchtung in den abgelegenen Orten. Oft auch keinen Strom, so dass meine Stirnlampe mir immer und immer wieder wertvolle Dienste erweist. Die Stirnlampe, welche mich meine ganze Reise lang begleitet hat und seit 2009 zu meinem Reiseinventar gehört – sie hat mir schon so manchen Weg beleuchtet – mich „erleuchtet“....
28. Oktober 2016
Heute erst um 07.30 Uhr Frühstück. Der Fahrer erwartet uns um 08.00 Uhr. Das ist ja fast wie ausschlafen...
In Nepal Bus und Auto zu fahren ist ein Abenteuer für sich. Nicht minder spannend, als die Gegend zu Fuss zu erkunden!
Wir erreichen Dhulikehl. An und für sich ein schlimmer Ort. Ausser der alten Häuser der Newari-Kaste. Die sind wirklich sehenswert.
Wir finden kein Guesthouse, in welchem es auch Zimmer für Guides gibt. So teilen Kapil und ich uns ein Zimmer. Ich willige sofort ein, als er mich fragt – nicht dass er noch irgendwo im Korridor auf dem Boden schlafen muss.
29. Okober 2016
Wir wandern weiter in Richtung Namo Buddha. Unterwegs treffen wir auf eine 80jährige Nepalin, machen mit ihr kurz Pause und entschliessen uns dann für die letzten Kilometer, mit ihr zusammen den Bus zu nehmen. In Nepal wird der Bus auf der Strasse einfach durch Handzeichen angehalten. Es gibt nicht einen wirklichen Fahrplan. Der Bus kommt, wenn er kommt – und er kommt immer, irgendwann. Und wenn er kommt, ist er zu Zeiten der Festivals immer sehr gut besetzt – also überfüllt. Ich staune, wie gelenkig sich die 80jährige Nepalin einfach auf den Boden beim Trittbrett setzt – auch ich werde mal wieder zum „Trittbrettfahrer“... Die Strasse ist über weite Strecken in einem äusserst schlechten Zustand – gleicht einem ausgewaschenen Bachbett...
In Namo Buddha werde ich wirklich belohnt. Der Ort ist für Buddhisten sehr wichtig. Hier hat Buddha als Prinz sich geopfert, um eine Tigerin mit drei Jungen zu füttern und damit deren Überleben zu sichern. So will es die Legende. Der Körper des Prinzen wurde dann von seinen Brüdern hier eingeäschert und die Asche in Namo Buddha eben in einer Stupa „beerdigt“.
Ich finde viel von „meinem Nepal“. Tempel, Kloster, Gebetsfahnen und Gebetsmühlen. Das habe ich bisher auf dem Trekking vermisst. Im Annapurnagebiet waren diese für mich so typischen Zeichen sehr viel verbreiteter.
Wir finden ein sehr teures Zimmer in einem sehr schlechten Zustand. Aber in solchen Touristen- und Pilgerorten sind die Nepali halt auch gute Geschäftsleute. Richtig so. Einen Moment überlege ich, Kapil zu fragen, ob wir nicht versuchen sollten, im Kloster zu übernachten. Aber diesen Gedanken verwerfe ich dann wieder – ich glaube, er würde meinen Gedankengang nicht wirklich nachvollziehen können, habe ich doch für eine Unterkunft im Guesthouse bezahlt...
30. Oktober 2016
Wir wandern gemütlich in Richtung Panauti. Unterwegs „lädt Kapil uns bei einer Bauernfamilie zu Buttermilch ein“. Eine herzliche Begegnung. Die Buttermilch schmeckt so wie ein Gemisch aus Joghurt und durchgefallener Milch und ist flockig. Am Abend ist meine Verdauung dann auch etwas „durchfällig“.
Kurz nach dem Buttermilchhalt treffen wir im nächsten Dorf auf Kinder, welche ein Würfelspiel spielen. Die kleinen Knirpse spielen wacker um kleines Geld. Sie laden uns ein, mit ihnen zu spielen. Man setzt Geld auf Symbole. Dann wird gewürfelt und die Würfel zeigen dann die Symbole an, welche gewonnen haben. Die Knirpse sind blitzschnell, sammeln das gesetzte Geld ein, zahlen die Gewinner aus und der Rest geht an die Bank. Ich „verzocke“ so in einer knappen halben Stunde 30 Rupees – oder ungefähr 30 Rappen – oder ein Glas Tee im Teashop auf dem Land. Die Kinder freuts – sie haben sowieso eine riesige Freude daran, mit dem Touristen zu spielen – und ich habe eine grosse Freude an den Kids!
Einige Kilometer vor Panauti machen wir in einem Teashop halt. Kapil trifft dort zufällig einen Freund aus Kindertagen – sie plaudern – ich trinke Tee und schaue dem Treiben auf der Strasse zu. Während dieser Zeit verpassen wir2x den Bus nach Panauti, den wir für das letzte Strück, welches der Hauptstrasse entlang führt, nehmen wollten. Tja – somit warten wir auf den dritten Bus, der bald kommen soll. Doch es kommt kein Bus und wir entscheiden uns, den Weg halt doch zu Fuss zu bewältigen. Es hat erstaunlich wenig Verkehr auf der Hauptstrasse. Dann hält Kapil ein Pick-Up an und wir fahren auf der Ladefläche mit, da das Führerhaus bereits besetzt ist – also überfüllt besetzt ist.
Panauti zeigt sich mit vielen historischen Gebäuden, welche vom Erdbeben im April 2015 verschont geblieben sind. Kapil erklärt mir die verschiedenen Tempel und die Götter, welchen diese Tempel geweiht sind. Auffällig dabei: Viele Geschichten der Götter handeln von sexuellen Beziehungen, welche sie unter sich oder mit Menschen pflegten. Die Nepali selber sind aber sehr zurückhaltend im Austausch von Zärtlichkeiten.
So küsst kein Nepali seine Frau vor Dritten – auch nicht vor seinen Kindern. Es wird auch nicht aus dem gleichen Glas getrunken – hingegen aber der gleichen Flasche. Wobei die Neapli die Flaschenöffnung nie mit den Lippen berühren.
Kapil erzählt mir auch die Geschichte des Erotiktempels in Kathmandus Tempeldistrikt. Dieser Tempel wurde vor einigen hundert Jahren vom damaligen König bewusst errichtet. Denn: Die Religion war damals so streng und weit verbreitet, dass Nepal auszusterben drohte, weil die Menschen sich nur noch der Religion gewidmet hätten. Der König habe dann zu einem Trick gegriffen und den Erotiktempel errichten lassen. Auf diesem Tempel sind so ziemlich alle Positionen, welche Mann und Frau zusammen eingehen können kunstvoll in Holz geschnitzt. Und als die Leute dann zum Gebet gekommen sind, hätten sie diese Positionen gesehen und wieder Freude und Lust empfunden und seien zu einem Bevölkerungswachstum animiert worden. So will es die Legende, die zu stimmen scheint. Denn Nepal ist nicht ausgestorben. Zum Glück.
Am Abend besuchen wir das Laxmi Festival. Laxmi ist die Göttin der Vermögen, des Geldes. Ihr wird am Abend dieses Festivals mit vielen Lichtern und Kerzen der Weg in die Häuser und Geschäft und dort zu den Tresors etc. gewiesen, damit Laxmi weiss, wo sie später den Reichtum abliefern kann. In der Stadt herrscht eine fröhlich-feierlich-besinnliche Stimmung. Jedoch nur bis 22.00 Uhr. Dann hat die Regierung „Sperrstunde“ verfügt. Die Nepali halten sich daran und die Strassenhunde übernehmen dann das Kommando und kläffen die ganze Nacht durch und scheinen sich direkt unter unserem Zimmer regelrechte Strassen- bzw. Revierkämpfe zu liefern. Eine unruhige Nacht nimmt ihren Lauf – aber nur bis das Gekläffe der Strassenhunde gegen 05.00 Uhr von lauter Musik aus den vielen Geschäfte rund um unser sehr zentral gelegenes Guesthouse abgelöst wird...
31. Oktober 2016
Rückreise nach Kathmandu und Abschied von Kapil – herzlichen Dank für die gute Zeit...
Über den weiteren Verlauf meiner Reise berichte ich dann später – vielleicht auch erst aus der Schweiz. Denn ich weiss nicht genau, wie lange ich zu Surat reise. Ich weiss nur, dass wir ab dem 02. November 2016 gemeinsam unterwegs sein werden. Darauf freue ich mich SEHR! Ich freue mich ebenso sehr, seine Familie wieder zu treffen. Fast auf den Tag genau ein Jahr ist vergangen, seit ich die Familie damals getroffen habe. Damals wusste ich nicht, wie sich meine Reise bzw. mein Leben nach der Reise gestalten würde. Und es ging alles so wundervoll auf, dass ich von unterwegs eine tolle Wohnung gefunden habe und kurze Zeit nach meiner Rückkehr auch einen guten neuen Arbeitsplatz. Das Übergeordnete hat einmal mehr wundervoll zu mir geschaut. Tausend Dank! Möge das Übergeordnete auch zu Euch so gut schauen!
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