KOCHEN MIT ANDREA BERG - UND DANN ERSCHEINT  S  I  E...!!!

 

Liebe Alle 

Ihr mögt Euch vielleicht erinnern, dass ich vor einiger Zeit mit Andrea Berg am Grenzübergang von Uzbekistan nach Tajikistan gestanden habe und der Zöllner Frau Berg auf der Mutmacherkarte eines guten Freundes betrachtet und "schockiert" gefragt hat "What is  this...?". Also er meinte damit sicher nicht Frau Berg als Person - vielmehr war er schockiert - oder hochgradig erstaunt - in meinem Gepäck eine solche Karte zu finden... Wie auch immer - lange ist's her...

Heute habe ich mit Frau Berg gekocht - NEIN, nicht nach ihrem Kochbuch. Eine Knorr-Fertigsuppe bis dann, ja bis S I E dann eben erschien... 

Doch wie immer: Alles der Reihe nach...

Vorgestern bin ich in Ponte de Sor angekommen - gestern habe ich einen Ruhetag eingezogen, da das Wetter zur geplanten Startzeit einfach wirklich zu garstig war. Und es den ganzen Tag auch blieb...

Den gestrigen Tag habe ich mit der Feinplanung meiner Route bis Segovia in Spanien verbracht, geschlafen und gegessen und im WWW gesurft, meine Heimkehr etwas vorbereitet und erledigt, was es unterwegs halt so zu erledigen gibt...

Als ich zum Abendessen ins Restaurant neben meiner Unterkunft wollte, stiess ich auf einen Radfahrer aus Deutschland, der ebenfalls in Lissabon gestartet ist und grob gesagt auf dem Heimweg nach Hamburg ist. Er stieg ebenfalls in meiner Unterkunft ab. Beim gemeinsamen Abendessen haben wir viel ausgetauscht - auch er ist weit gereist, sehr weit sogar!

Heute Morgen dann SONNENSCHEIN!! Wie gut tut das denn?!!

Gemeinsames Frühstück mit dem Radler aus Deutschland und gegen 10 Uhr schwinge ich mich auf Passpartu. Die ersten fast 2 Kilometer fahren mein Kollege von gestern Abend und ich gemeinsam. Dann trennen sich unsere Wege - er zweigt Richtung Norden ab - ich radle eher östlich - Spanien entgegen. Danke - schön war's - allzeit gute Fahrt - und tschüss... Wie Begegnungen und Abschiede unterwegs halt meistens sind.

Tja, ich folge der Strasse nach Portalegre. Eine normale Hauptstrasse, die sich dann mal zu einer richtungsgetrennten je 2spurigen Strasse mit Pannen-/Standstreifen entwickelt, der mir sehr gelegen kommt und dann mal wieder schmaler wid. Auf dem ganzen Weg kaum Verkehr. Ich frage mich, wozu hier eine solche Strasse gebaut wurde...

Die Strasse führt langweilig durch eine sehr schöne Gegend. Hin und wieder ist ein Hügel zu erklimmen und dahinter folgt eine kurze Abfahrt. Um mir die langweilige Strecke etwas zu "versüssen" schnalle ich mir meinen Lautsprecher zu meinen iPod an die Lenkertasche und höre zum Radeln Musik. Diese "Teil" habe ich mir in Singapur gekauft, weil ich es auf den endlos langen Etappen in Malaysia vermisst habe, Musik zu hören - und die Ohrstöppsel halt eben nicht so eine ideale Lösung sind - auch bei wenig Verkehr nicht. Mit Kabelbindern - wer hat diese genialen Dinger eigentlich erfunden?? - bastle ich husch eine Befestigung für den Lautsprecher und kann diesen mit dem Karabiner der Kette zu meinem Sackmesser bestens an der Lenkertasche befestigen. So radelt es sich doch viel besser... Nebst Musik aus der Schweiz läuft bald auch mal Andrea Berg... 

Mein Frühstück von heute Morgen ist schnell verbrannt und ich freue mich darauf, bald in einem Dörfchen einen Café und ein kleines Sandwich "einwerfen" zu können. Doch es kommt nix - davon aber gaaaaanz vieeeeel. Kein Dorf, keine Raststätte, keine Imbissbude, keine Teebude, wie es sie in Asien gab - einfach NIX! Also ich meine: GAR NIX! Ich müsste die IC13 bei einer Ausfahrt wohl verlassen und in eines der Dörfer fahren und hoffen, dort ein Restaurant oder einen Laden zu finden. Das ist mir aber zu doof und zu unsicher! Ich mache doch keinen Umweg, um dann doch kein Restaurant zu finden...!

Doch mein Hüngerchen entwickelt sich zu einem Hunger, zu einem ausgewachsenen, veritablen Hunger sogar!! Da es auf den letzten Strecken immer kleine Cafés oder Lebensmittelgeschäfte gab, habe ich für die heutige Etappe nicht extra eingekauft. Ich dachte, ich könne das unterwegs erledigen. Immerhin habe ich genug Wasser dabei. Erstmals fahre ich mit HUNGER - das ist mir auf der ganzen Reise noch nie passiert. Und nun hier in Portugal drohe ich auf offener Strasse zu verhungern. Ich trage mich mit dem Gedanken, mir eine Fertigsuppe zu kochen. Doch die Motivation, den Kocher anzuwerfen, ist nicht gross genug - bis der Hunger definitiv gross genug wird und über die Demotivation siegt und ich plötzlich doch motiviert bin zu kochen - auch wenn es bis Portalegre nur noch gute 10 Kilometer sein sollten...

So halte ich auf dem Stand-/Pannenstreifen an, packe meinen Kocher aus und koche mir heisses Wasser für einen 3in1 Kaffe, den meine Schwester mir via Pa nach Lissabon geliefert hat - TAUSEND DANK GABY!! - und für ein Knorr-Fertigsüppchen...

Andrea Berg unterhält mich dabei, singt tapfer in voller Lautstärke aus der "Tröte"... Die wenigen Autos stören mich nicht, meine Musik stört ebenso niemanden... Einige Autofahrer hupen, winken mir zu. Ein Ambulanzfahrzeug nähert sich und schaltet auf meiner Höhe kurz das Martinshorn ein - ja, sie haben Humor, die Portugiesen...!

Kaum habe ich fertig gegessen, erscheint SIE  aus dem Nichts - ja SIE!!

NEIN, nicht Andrea Berg - die bleibt im Lautsprecher. Aber SIE erscheint, hält an. Die POLIZEI! 

Ein mit drei Polizisten besetzter Streifenwagen hält auf der Gegenfahrbahn. "Zu spät Jungs, alle Suppe schon längst gegessen" denke ich für mich amüsiert und bin mir sicher, die wollen etwas mit mir quatschen so nach dem Motto "Woher-Wohin". Zwei der drei Polizisten steigen aus, überqueren die Strasse und schauen mich mit sehr ernsthaftem Gesichtsausdruck an. "Huch, die wollen nicht einfach quatschen - ob kochen auf dem Stand-/Pannenstreifen verboten ist in Portugal? Offenes Feuer? Waldbrandgefahr?" schiesst mir durch den Kopf. Da klären sie mich in gebrochenem Englisch auf, dass ich mit dem Fahrrad nicht auf der IC13 unterwegs sein dürfe, die an dieser Stelle optisch eine normale zweispurige Strasse mit Stand-/Pannenstreifen ist. Aber für Portugal eine Art Autobahn sein soll - hallo? Ich bin erstaunt. Denn ich habe nie ein Schild wahrgenommen, wonach Velos auf dieser Strasse verboten wären. Sie erkären mir, dass hier Fahrrad zu fahren viel zu gefährlich und daher verboten sei. "NEIN Jungs - hier ist es überhaupt nicht gefährlich Fahrrad zu fahren IM GEGENTEIL - ihr solltet mal sehen, wie es auf den Strassen in Indien zu und her ging - da war es gefährlich, wenn überhaupt... - und nach Istanbul bin ich im Fall auch auf der Autobahn gefahren - aber auf einer RICHTIGEN Autobahn im Fall!!" geht mir durch den Kopf - doch  Widerspruch einzulegen scheint mir nicht opportun.

Also zücke ich die Strassenkarte und frage unterwürfig, welche Strasse ich nach verlassen der IC 13 nehmen soll. Der eine Polizist erkärt mir das ganz "wichtig" und ich versichere, diese Strasse zu nehmen. Ich entschuldige mich und verspreche, dass ich die Strasse bei nächster Gelgenheit verlasse - zudem würde ich morgen Vormittag nach Spanien ausreisen und keine weiteren Probleme machen. Meine Unterwürfigkeit hilft nur bedingt... Der eine Polizist erklärt mir, dass ich zurückfahren müsse und die IC13 dann zu verlassen hätte - während der andere sich den Lautsprecher bzw. die von mir konstruierte Befestigung an der Lenkertasche anschaut und ich mir nicht so sicher bin ob es gut ist, dass Frau Berg noch immer lautstark singt oder ob es wohl auch verboten ist, auf dem Fahrrad Musik zu hören und Frau Berg vielleicht kurzfristig besser einfach schweigen sollte... 

Hm - ich versuche dem Polizisten, der mich zurückschicken will zu erklären, dass ich nach Portalegre wolle und dieses ja nicht mehr weit sei und es bis zur nächsten Ausfahrt zurück doch weiter sei, als bis zur nächsten Ausfahrt in Fahrtrichtung - und ich auf dem weiteren Rückweg gefährdeter sei, als auf dem kürzeren Weg zur nächsten Ausfahrt in Fahrtrichtung... 

Der zweite Polizist kommt dazu und meint, ich solle nun alles einpacken und dann auf direktem Weg zur Ausfahrt in Fahrtrichtung radeln. Logisch auf direktem Weg - es gibt hier ja links und rechts von der Strasse nix...

So packe ich zusammen - bedanke mich für das Verständnis - und sie bläuen mir ein, vorsichtig zu fahren und die Strasse ja beim nächsten Kreisel zu verlassen! Ja, grosses Radfahrerehrenwort, ich werde die Strasse brav verlassen! 

So radle ich kurze Zeit später los und werde ebenso kurze Zeit später von einer zweiten Streife angehalten. Den beiden Polizisten erkläre ich, dass ich eben mit zwei Kollegen Kontakt hatte, die mir gesagt hätten, ich solle nun schleunigst im nächsten Kreisel von der Strasse. Da sind sie zufrieden und lassen mich ziehen.

Uff - beide Streifen teilen keine Busse aus. Das finde ich ja cool!

Witzig: Beim nächsten Kreisel ist die IC13 offenbar eh zu Ende - also so interpretiere ich die Strassensignalisation, was nicht heisst, dass es so war...

Mit Hilfe von Sandy finde ich den Weg nach Portalegre über Feldwege - ausgewaschen vom Regen...

Der Weg führt mich dann steil hoch in das historische Städtchen - bei einem kleinen Restaurant brauche ich einfach ein Bier. Die Suppe war salziger als erwartet  - die Steigung anstrengender - ich lande bei Pedro in seinem kleinen Restaurant. Er ist Radfahrer mit Leib und Seele - Rennrad und Mountainbike. Seine Frau auch. Sein 3jähriger Sohn auch - einzig der 1jährige Sohn noch nicht... Lustig! Wir unterhalten uns an der Sonne mit wunderbarer Aussicht über die Landschaft, bevor ich mich dann auf den Weg in meine Unterkunft mache. DANKE PEDRO - WAR EINE SEHR SCHÖNE ZEIT MIT DIR! Auf Facebook sind wir nun befreundet - das sind schöne, sehr schöne Begegnungen! Selbstverständlich liess es sich Pedro nicht nehmen, mich zum Bier einzuladen und mir ein ganz spezielles Messer mit auf den Weg zu geben, nachdem ich mit dem örtlichen Fahrlehrer noch über die Schweizer Sackmesser gesprächelt habe...

Während ich bei Pedro mein Bier trinke, kommt ein Moutainbikefahrer mit einem Asos Schirt mit grossem Schweizer Kreuz auf der Brust vorbei - das gleiche Shirt, wie ich es trage. Witzig. Es ist ein Einheimischer. Also nicht einfach "ein" Einheimischer. Es ist Miguel, der Regionalchef der Polizei und damit wohl auch der Chef der 2x2 Polizisten, die mich angehalten haben... 

Ein Radlertag geht zu Ende - und ich geniesse es, wieder on the road zu sein - ...! Hoffe sehr, das Wetter halte... Morgen reise ich nach Spanien ein. Mein 21stes Reiseland - ich bin gespannt und freue mich!

Herzlich in die Welt hinaus - ich gehe nun essen - nicht selber kochen - will ja nicht wieder Ärger mit der Polizei, auch wenn ich nun den Regionalchef kenne...

Patrik Kirtap

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Pa (Freitag, 22 April 2016 23:23)

    Ja, mein Sohn!
    Du bist wirklich in West-Europa angekommen! Autostrassen sind nicht für Velofahrer gebaut worden und die
    Rechtsordnungshüter haben ihren Pflichten nachzugehen. Selbst zu Dritt, damit der Dritte die beiden anderen überwachen kann, ob sie Ihre Arbeit auch wirklich wahrnehmen und den Lohn Ende Monat verdient haben...... Na ja, gute Reise weiterhin und lasse Frau Berg auch schön grüssen!
    Dein Pa

 

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